Aktualisiert: 2. März 2023

Diese 5 EU-Gründungsmotive bilden die europäische Vision

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5 EU-Gründungsmotive bilden die Vision der heutigen Europäischen Union. Sie sind heute aktueller denn je. Denn auch wenn sie teilweise verwirklicht wurden, können ihre Errungenschaften angesichts der aktuellen Krisen leicht zerstört werden.

Warum wurde die EU gegründet?

Nach dem zweiten Weltkrieg war eine breite Volksbewegung entstanden, die sich mit der Idee eines vereinten Europas beschäftigte. Während des Krieges hatten vor allem die Exilregierungen der jeweiligen Länder in London Ideen für ein vereintes Europa diskutiert. Nach dem Ende des Krieges wurden diese Ideen zurück in die verschiedenen Länder Europas getragen. Im Gegensatz zu Diskussionen früherer Ideen einer europäischen Einigung verebbten diese Ideen allerdings nicht wieder. Zu verheerend waren die Folgen des zweiten Weltkrieges gewesen.

Am 19. September 1946 brachte Winston Churchill seine Vision der Vereinigten Staaten von Europa in seiner Rede an die Jugend in Zürich auf den Punkt. Auch wenn es fraglich ist, ob die Vereinigten Staaten von Europa jemals Realität werden (können), erkennt jeder die Notwendigkeit für eine europäische Zusammenarbeit.

Damals wie heute ist klar, dass bestimmte Probleme und Herausforderungen nur gemeinsam gelöst werden können. Denn in einer sich zunehmend globalisierten Welt machen die zentralen Schwierigkeiten nicht an der jeweiligen nationalen Grenze halt.

Die Frage nach einem europäischen Integrationsprozess sollte daher bereits beantwortet sein. Er ist notwendig.

Allerdings besteht Unklarheit darüber, wie dieser Prozess ausgestaltet sein soll.

Nach dem zweiten Weltkrieg waren die Europa-Befürworter aber nicht nur über den Prozess im Unklaren.

Dass es zu einer europäischen Einigung kam bedurfte bereits einer Vision. Einer Vision, die anscheinend leider nur von den Erfahrungen eines Weltkrieges nachhaltig war.

Insgesamt lassen sich 5 EU-Gründungsmotive feststellen, wieso die Neuordnung Europas möglich war. So dass sie zu der heute bekannten Ordnung führte.

5 Motive für Europa nach dem zweiten Weltkrieg

1. Der Wunsch nach einem neuen Selbstverständnis

Die Erfahrungen des Nationalsozialismus hatten die europäischen Länder stark erschüttert. Auch wenn Hitler nichts von der europäischen Idee hielt, wurde sein Streben von europäischen Intellektuellen auch unter dem Gesichtspunkt einer Einigung Europas durch Krieg, Verbrechen und Eroberung diskutiert. Nach dem zweiten Weltkrieg sollte Europa nun die Möglichkeit einer erneuten Gemeinschaftserfahrung bieten. Ein demokratisch verfasstes Europa sollte die Alternative zu dem abgelehnten System der nationalistischen Herrschaft bilden.

2. Der Wunsch nach Frieden und Sicherheit

Trotz einiger Versuche, wie dem Völkerbund- war Europa in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen von sehr starken Nationalstaaten mit einem entsprechendem Bewusstsein und Nationalstolz geprägt gewesen. Vor allem die damaligen Kolonialmachte Frankreich und Großbritannien hatten damals noch „weltpolitischen“ Einfluss.

Dennoch hatte kein einziger dieser starken Nationalstaaten den zweiten Weltkrieg verhindern können. Zudem hatten sich die weltpolitischen Gewichte nach dem zweiten Weltkrieg verschoben: Die Zeit des Imperialismus und der europäischen Nationalstaaten war vorbei und die Supermächte „USA“ und die Sowjetunion bildeten nun die politischen Schwergewichte.

Im Zuge der Europabewegung hoffte man nun durch ein geeintes Europa Verbrechen wie den zweiten Weltkrieg in Zukunft verhindern zu können. Zudem erhoffte man sich ganz pragmatisch ein Gegengewicht zu den neuen Supermächten zu bilden bzw. eine Ausbreitung des Kommunismus nach Westeuropa unterbinden zu können.

3. Der Wunsch nach Freiheit und Mobilität

Durch den über viele Jahre andauernden Kriegszustand hatten die Menschen unter einer Einschränkung des Personen-, Güter-, und Kapitalverkehrs gelitten. Nach dem zweiten Weltkrieg sollte dieser Zustand in einem vereinten Europa nun beendet werden. In einem gemeinsamen Markt sollte die ungehinderte und freie Bewegung von Personen, Waren und Informationen möglich sein. Ähnliche Zustände, wie man sie mit der Zeit vor dem ersten Weltkrieg verband.

Vorreiter waren hier Belgien, die Niederlande und Luxemburg mit ihrer „BeNeLux-Zollunion. Diese drei kleinen Länder bildeten bereits 1948 eine Zollunion. Die Erfahrungen hieraus bildeten später die Grundlage für den Vertrag von Rom zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft.

4. Die Hoffnung auf wirtschaftlichen Wohlstand

Hierauf aufbauend verband sich die Hoffnung auf wirtschaftlichen Wohlstand in einem vereinten Europa. Ein gemeinsamer Markt sollte den Handel intensivieren und effizienter gestalten. Man erhoffte sich ein neues goldenes Zeitalter von wirtschaftlicher Stabilität und Aufschwung, der den Lebensstandard aller Bevölkerungsgruppen erhöhen sollte. Wirtschaftlicher Wohlstand ist damit neben Frieden DAS zentrale Gründungsmotiv im europäischen Integrationsprozess.

Die Verwirklichung resultierte aber sehr schnell in zwei verschiedenen Ansätzen:

Zum einen, der Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl. Hier wurden zentrale Wirtschaftsbereiche unter eine gemeinschaftliche Aufsicht gestellt, und später die Gründung der EWG mit dem Ziel eine Zollunion zu erreichen.

Demgegenüber stand das Freihandelsmodell der EFTA. Hier sollte nur die Wirtschaft durch Handel gefördert werden. Jegliche darüberhinausgehende Zusammenarbeit aber weitestgehend ausgeklammert werden.

5. Die Erwartung gemeinsamer Macht

Wie bereits in Punkt 2 erwähnt, hatte das Ende des zweiten Weltkrieges zu einer Verschiebung der internationalen Machtverhältnisse geführt. Die europäischen Staaten hatte ihre Vormachtstellung eingebüßt. Die westeuropäischen Staaten hofften nun durch eine politische Einigung in einem gemeinsamen Europa ihre Macht zurückzuerlangen, die sie einzeln verloren hatten.

Dies betraf nicht nur die noch vergleichsweise großen Länder wie Großbritannien und Frankreich, sondern auch die kleinen Benelux-Staaten oder auch Italien. Das weltpolitische Gewicht Großbritanniens und Frankreichs wurde zwar durch ihre ständigen Sitze bei den Vereinigten Nationen belegt. Doch wirtschaftlich und militärisch konnten die beiden Länder nicht mit den USA und der Sowjetunion mithalten.

Und die kleinen BeNeLux-Staaten stellten durch den zweiten Weltkrieg fest, dass ein einzelnes Land, keinen Einfluss besitzt. Wenn es von großen Nachbarn umgeben ist.

Sind die EU-Gründungsmotive noch aktuell?

Auch heute sind die EU-Gründungsmotive gültig. Vor dem Hintergrund der langen Friedenszeit und des gewonnenen wirtschaftlichen Wohlstandes sogar mehr denn je.

Denn es scheint momentan einfach diese Errungenschaften zu vergessen. Durch die Nachwirkungen der Wirtschafts- und der Eurokrise, sowie jetzt durch die Flüchtlingskrise. All dies hat natürlich Auswirkungen auf die Mitgliedstaaten. In mehreren Ländern erlebt der lange überwundene Nationalismus eine Wiedergeburt. In Frankreich, den Niederlanden und auch in Deutschland.

Die neu gegründeten rechts und nationalorientierten Parteien sehen sich als Gegenmodell zu den etablierten Parteien. Sie greifen die Unsicherheiten der Menschen auf und machen sie lautstark publik. Allerdings reicht es nicht, Probleme und vermeintliche Schuldige zu benennen. Hierdurch können die gegenwärtigen Probleme nicht gelöst werden.

Fragen der (nationalen) Sicherheit, in Zeiten von Flüchtlingskrise und Terrorismus können nicht durch eine Schließung der Grenzen und eine Rückbesinnung auf den Nationalstaat gelöst werden. Denn diese Krisen und ihre Auswirkungen machen nicht an einer Grenze halt. Nur in Zusammenarbeit und mit einer Stimme der europäischen Mitgliedstaaten kann die aktuelle Problematik gelöst werden. Freiheit, wirtschaftlicher Wohlstand, Sicherheit und Frieden und gemeinsame Verhandlungsmacht kann nur gemeinsam erlangt werden. Und hierfür stehen die EU-Gründungsmotive. Nach wie vor.

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Über die Autorin: 

Nadine Behncke

Promovierte Volkswirtin und überzeugte Europäerin. Ihre Schwerpunkte sind die Entwicklung und Herausforderungen der EU mit ihren Auswirkungen und Folgen auf Deutschland und seine Bevölkerung. Sie schreibt auf Think About zu Politik, Wirtschaft & Geschichte in Europa, um Wissen zu vermehren und zur Diskussion beizutragen.


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