So viel kostet die Flüchtlingskrise Bund, Länder und Kommunen


Nach Angaben der Bundesregierung kostet die Flüchtlingskrise in zwei Jahren um die 40 Mrd. Euro. Doch neue Schätzungen zeigen, dass diese Zahl nach oben revidiert werden muss.

Wer bezahlt die Flüchtlingskrise?

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Obgleich der Bund in der medialen Berichterstattung zur Flüchtlingskrise im Vordergrund steht stellt er nur einen Akteur im System dar. Die Finanzierung der Flüchtlingskrise ist eine gesamtwirtschaftliche Aufgabe. Aufgrund des föderalen Systems der Bundesrepublik Deutschland sind hier neben dem Bund vor allem die Länder und die Kommunen gefordert. Zudem berührt die Bewältigung der Flüchtlingskrise verschiedene Politikbereiche, neben der Verteilung der Flüchtlinge bestehen sie vor allem in der Arbeitsmarktintegration und Sicherheitspolitik.

Aufgaben, die auf verschiedenen Ebenen wahrgenommen werden.

Der Bund kann hier in erster Linie als Koordinator verstanden werden. Das Bundesministerium des Inneren koordiniert die deutsche Flüchtlingspolitik und steht dem Bamf und der Bundespolizei vor. Erstere Einrichtung ist für die Asylverfahren zuständig, während die Bundespolizei für den Schutz der deutschen Grenzen zuständig ist.

Die Länder kommen dagegen direkt mit den Flüchtlingen in Kontakt. Sie übernehmen die Registrierung, Unterbringung und Versorgung der Flüchtling. Ähnlich wie auf der Bundesebene geschieht auch dies wieder über zwei Behörden: Die Ausländerbehörde vollzieht das Ausländerrecht (ähnlich wie das Bamf) und die Landespolizei übernimmt die Sicherheit.

Den wichtigsten Akteur bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise bilden die Kommunen. Denn sie übernehmen „praktische“ Aufgaben: Sie übernehmen die gesellschaftliche Integration der Flüchtlinge vor Ort. Sei es über Sportvereine, kulturelle Angebote oder Sprachkurse. Integration geschieht an der Basis. Auch die Integration in den Arbeitsmarkt über die Angebote der Bundesagentur für Arbeit und die Jobcenter ist in den Kommunen angesiedelt.

Dieser Überblick über die Akteure der Flüchtlingskrise zeigt, dass vor allem die Länder und Kommunen die Kosten der Flüchtlingskrise zu tragen haben. Und das es sich bei ihren Kosten um wiederkehrende Kosten handelt. Demzufolge hat der Bund in seinem Haushalt zahlreiche Mittel zur Verfügung gestellt, die die Länder und Kommunen hier unterstützen.

Den Bundeshaushalt kostet die Flüchtlingskrise 43 Mrd. €

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Die aktuell bereitgestellten Haushaltsmittel der Jahre 2016 und 2017 betragen hierfür insgesamt 43 Milliarden €. Die Bundesregierung gab 2016 rund 21,7 Milliarden € für die Bewältigung der Flüchtlingskrise aus. Laut dem Finanzministerium sind für 2017 21, 3 Milliarden € im Bundeshaushalt eingeplant. Insgesamt gibt der Bund damit in zwei Jahren 43 Milliarden € für die Flüchtlingskrise aus.

Doch was sieht die Bundesregierung als Maßnahmen hierfür an?

Fünf Bereiche:

1. Unmittelbare Entlastungen der Länder und Kommunen

2. Die Aufnahme, Registrierung und Unterbringung im Asylverfahren

3. Sozialtransferleistungen nach dem Asylverfahren

4. Integrationsleistungen

5. Fluchtursachen

Zwei der fünf Bereiche berühren damit Leistungen im Zusammenhang mit dem Asylverfahren. Allerdings ist die vorgenommene Trennung sinnvoll, da sich die hier dargestellten Kosten in ihrem Umfang und Entwicklung unterscheiden. Während insbesondere die Kosten für die Aufnahme und Registrierung im Asylverfahren mehr oder weniger einmalige Kosten darstellen dürften, etwa um die notwendige Infrastruktur in der Verwaltung herzustellen oder neues Personal einzustellen, sind die Kosten zu den Sozialleistungen nur bedingt abschätzbar.

Was sich allerdings langsam zum Besseren wendet, da inzwischen verlässlichere Daten zu den eingereisten Flüchtlingen und den Asylanträgen vorliegen. Je besser sich die Datenlage entwickelt, desto fundiertere Schätzungen können über die tatsächlichen Kosten der Flüchtlingskrise gemacht werden. Dies erkennt man auch an der Entwicklung der Kosten zwischen 2016 und 2017. Waren im ersten Jahr noch 1,4 Milliarden € für die Aufnahme und Registrierung veranschlagt, hat sich der geplante Betrag im Haushalt 2017 leicht verringert. Die veranschlagten Haushaltsmittel für die Sozialtransferleistungen nach dem Asylverfahren haben sich dagegen von 1,7 auf 2,7 Mrd. € erhöht. Dies ist nicht verwunderlich, da die Kosten aufgrund der inzwischen bearbeiteten Asylanträge hierfür steigen. Ähnliches gilt für die Integrationsleistungen, die zwischen 2016 und 2017 ebenfalls gestiegen sind.

Revisionen der Haushaltsausgaben

Die zwei größten Kostenblöcke für den Bundeshaushalt bilden allerdings die Fluchtursachenbekämpfung, dessen Ausgaben konstant bleiben und die Entlastung der Länder und Kommunen. Hier verwundert auf den ersten Blick, dass der Bundeshalt 2017 wesentlich weniger Ausgaben veranschlagt als 2016. Allerdings waren auch die 9,3 Mrd. € im Jahr 2016 nicht sofort veranschlagt worden. Bereits in diesem Jahr hatten sich die Kosten erhöht und die Zahl ist das Ergebnis des Nachtragshaushaltes.

Ähnliches kann für den Haushalt 2017 angenommen werden. Die veranschlagten 6, 9 Mrd. € werden jedenfalls definitiv zu wenig sein. Ähnlich wie bei den Flüchtlingszahlen ist auch hier die Datenlage noch unzureichend. Welche Kosten die Länder und hauptsächlich die Kommunen im Zusammenhang mit den Flüchtlingen haben, muss noch ermittelt werden. Erst wenn die Kommunen selber einen Überblick über Kosten haben, kann auch der Bund dementsprechend planen und die notwendigen Haushaltsmittel bereitstellen.

Einen ersten Versuch hat hierfür der wissenschaftliche Dienst des Bundestages übernommen. Wie die WELT berichtet, der die Ergebnisse vorliegen, sammelt der Dienst die entstandenen „Ist-Kosten“ infolge der Flüchtlingskrise. Seit Anfang März liegen die Zahlen aus vier Bundesländern“ vor. Bayern, Schleswig-Holstein, Berlin und Hessen haben etwa ein Drittel aller Asylbewerber aufgenommen. Insgesamt haben sie 2016 zirka 7,9 Mrd. € für die Bewältigung der Flüchtlingskrise ausgegeben.

Auf alle Bundesländer hochgerechnet bedeutet dies Kosten im Umfang von rund 23 Milliarden € im Jahr 2016. Damit sind alleine diese Kosten höher als der gesamte Betrag, der im Bundeshalt für die Flüchtlinge 2016 veranschlagt wurde. Dementsprechend dürften sich auch die Kosten für 2017 weitaus stärker erhöhen als veranschlagt wurde.

Flüchtlingsfinanzierung: Vom Bund zu den Kommunen

Die Bundesländer hatten sich bei ihrer Kostenkalkulation so stark verschätzt, weil die genauen Flüchtlingszahlen nicht vorlagen. Von daher fallen nun die tatsächlichen Kosten weitaus höher aus als erwartet. Dies liegt auch daran, weil die Rückführungsquoten der abgelehnten Asylbewerber unter den Erwartungen blieben. Denn auch abgelehnte Asylbewerber verursachen Kosten, solange die Abschiebung nicht durchgezogen wird.

Die Bundesregierung fördert inzwischen finanziell die freiwillige Rückkehr der Flüchtlinge in ihre Heimatländer. Doch ist fraglich, wie hoch so eine Zahlung ausfallen muss, damit Menschen, die aufgrund von Krieg und einer unsicheren Zukunft ihr altes Leben aufgegeben haben, in dieses wieder zurückkehren wollen. Bislang bleibt dieses Programm auch hinter den Erwartungen zurück.

Da die Integration der Flüchtlinge vor Ort passiert, ist es wichtig, dass die bereitgestellten Mittel aus dem Bundeshaushalt auch direkt bei den Kommunen ankommen. Vereinbart ist jetzt, dass der Bund den Ländern bis 2018 jährlich eine Integrationspauschale von zwei Milliarden € überweist. Eine Milliarde wird für den Wohnungsbau aufgewendet und die Unterbringungskosten mit 2,6 Mrd. € gefördert. Es liegt nun an den jeweiligen Bundesländern, dass diese Mittel auch dort ankommen, wo sie dringend benötigt werden.


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