Aktualisiert: 27. Februar 2023

Preisdifferenzierung: Definition und Voraussetzungen

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Der Begriff Preisdifferenzierung beschreibt ein Themengebiet, das in der Mikroökonomie und im Marketing behandelt wird. Wir geben euch in diesem Artikel einen grundlegenden Überblick zu diesem Begriff. Und arbeiten heraus, was bei der unterschiedlichen Verwendung des Begriffes relevant ist.

Definition

Preisdifferenzierung liegt vor, wenn dasselbe Gut oder dieselbe Dienstleistung an verschiedene Kunden zu unterschiedlichen Preisen verkauft wird.

Hierüber wird der Markt durch den Anbieter segmentiert. Er bildet über die verschiedenen Preise verschiedene Kundengruppen und es erfolgt eine Marktsegmentierung. Ziel der Preisdifferenzierung ist das teilweise oder vollständige Abschöpfen von Gewinnpotenzialen. In der BWL erfolgt dies über das Preismanagement. Sie kann über die unternehmensinterne Preispolitik direkt erfolgen. Oder sie erfolgt indirekt über die Konditionenpolitik.

Einen Sonderfall stellt die vollständige Preisdifferenzierung dar: Sie liegt vor, wenn ein Unternehmen die Zahlungsbereitschaft jedes einzelnen Kunden kennt. Und hierüber jedem Kunden einen individuell passenden Preis anbietet.

Für die Unternehmen besteht der Nutzen darin, dass so Arbitrage über den gesamten Produktionsprozess möglich wird: So kaufen sie ein (Vorleistungs-)Gut zu einem niedrigeren Preis in einem Markt ein. Und verkaufen es schließlich zu einem höheren Preis in einem anderen Markt. So können sie Gewinne aus der Preisdifferenz erzielen.

Arten von Preisdifferenzierung

Man unterscheidet zwischen verschiedenen Arten der Preisdifferenzierung. Sie sind insbesondere in der Preispolitik und Unternehmensperspektive von Bedeutung. Die verschiedenen Arten dienen der Marktsegmentierung:

Räumliche Preisdifferenzierung: Hierunter versteht man eine Differenzierung nach regional abgegrenzten Märkten. Z.B. nach Inland und Ausland. Oder nach Kaufkraft zwischen ausländischen Märkten.

Zeitliche Preisdifferenzierung: Die Preise unterscheiden sich nach der zeitlichen Nachfrage. Z.B. unterschiedlich hohe Preise für Reisen in der Früh- oder Hauptsaison.

Personelle Preisdifferenzierung: Es werden unterschiedliche Preise für verschiedene Personengruppen angeboten. Z.B. gestaffelt nach Alter.

Quantitative Preisdifferenzierung: Diese Art bezeichnet man auch als zielgruppenorientierte Preisdifferenzierung. Preise werden je nach marketingpolitischer Einschätzung gesetzt oder nach den Absatzfunktionen der Zielgruppe (z.B. A-, B-, oder C-Kunden).

Qualitative Preisdifferenzierung: Hierbei handelt es sich um unterschiedliche Preise für Gut aufgrund vermeintlicher Unterschiede: z.B. unterschiedliche Preise für Buchausgaben und Taschenbuchausgaben.

Sachliche Preisdifferenzierung: Je nach Verwendungszeck der Güter werden unterschiedliche Preise gesetzt. Ein Beispiel wären hier unterschiedliche Stromtarife für den Industrie- oder Haushaltsverbrauch.

Ausprägungen der Preisdifferenzierung

Man kann zwischen den drei folgenden Ausprägungen unterscheiden:

    Preisdifferenzierung 1. Grades: Personalisierte Preise

    Preisdifferenzierung 2. Grades: Selbstselektion

    Preisdifferenzierung 3. Grades: Segmentierung

Die verschiedenen Ausprägungen sind auch wieder für die Unternehmenspolitik von Interesse. Während die Art für die Kundensegmentierung von Bedeutung ist und eher in die „Breite“ geht, beschreibt nun die Ausprägung die „Tiefe“.

Preisdifferenzierung 1. Grades: Personalisierte Preise

Hierbei handelt es sich um bei der bereits oben vorgestellten perfekten Preisdifferenzierung. Jedem Kunden wird ein Preis entsprechend seiner persönlichen Zahlungsbereitschaf gemacht. Dieser Preis kann z.B. abhängig vom Einkommen oder den Präferenzen des Konsumenten sein.

Notwendige Voraussetzungen:

Die individuelle Zahlungsbereitschaft des Konsumenten muss bekannt sein. Oder man muss sie ermitteln können.

Personalisierte Preise müssen durchsetzbar sein. Wenn Kunden verärgert darüber sind und abwandern machen personalisierte Preise keinen Sinn. Außerdem dürfen die Güter nicht weiterverkauft werden, um Arbitrage zu verhindern.

Preisdifferenzierung 2. Grades: Selbstselektion

Hier bieten die Unternehmen ein Gut in verschiedenen Ausführungen an. Der Kunde entscheidet nun selber, welches Produkt er erwirbt. Realisiert werden können die verschiedenen Ausführungen des Produktes z.B. über die Preis-, Mengen- und/oder Produktgestaltung. Hierbei handelt es sich also um einen Kernbereich der Produktpolitik im Marketing. Sie ist z.B. nach den folgenden Voraussetzungen möglich:

Voraussetzungen:

  • Quantitative Preisdifferenzierung: Der Preis des Gutes bestimmt sich an der gekauften Menge.
  • Qualitative Preisdifferenzierung: Der Preis bestimmt sich an der Qualität des angebotenen Gutes.
  • Zeitliche Preisdifferenzierung: Der Preis richtet sich nach dem Kaufzeitpunkt.
  • Räumliche Preisdifferenzierung: Der Preis hängt vom jeweiligen Ort ab, an dem man das Gut kauft.

Preisdifferenzierung 3. Grades: Segmentierung

Diese Form ähnelt der Preisdifferenzierung 1. Grades. Allerdings werden nun aber ganze Gruppen an Konsumenten angesprochen und nicht mehr einzelne Personen. Die Marktforschung hat die Aufgabe solche Kundengruppen zu identifizieren. Eine oft verwendete Methode ist hierfür die Clusteranalyse. Kundengruppen bzw. Cluster werden hier z.B. relativ einfach nach soziodemographischen Faktoren, wie Alter, beruflicher Stand oder auch Geschlecht gebildet.

Ziele 

Bei der Zielbestimmung macht es Sinn, direkt zwischen der VWL- und der BWL-Perspektive zu unterscheiden. Der Grund besteht in der unterschiedlichen Betrachtungsperspektive (Einzelwirtschaftlich vs. Gesamtwirtschaftlich)

VWL-Perspektive

Der Grund, weswegen Unternehmen Preisdifferenzierungen anbieten besteht darin, dass verschiedene Kundengruppen eine unterschiedliche Zahlungsbereitschaft besitzen. Je nach Kundengruppe liegt eine andere Nachfragestruktur vor. So sieht sich das Unternehmen unterschiedlichen Nachfragefunktionen der Konsumenten gegenüber. Indem die Unternehmen nun auf diese unterschiedlichen Nachfragefunktionen eingehen und die Preise entsprechend differenzieren, nutzen sie diese Situation aus und erhöhen ihren Gesamtgewinn.

BWL-Perspektive

Hauptziel der Preisdifferenzierung besteht natürlich auch in der BWL-Sicht letztlich in der Erhöhung des Unternehmensgewinns. Allerdings interessiert sich die BWL nun vor allem dafür, wie dieses Hauptziel erreicht wird. D.h. hier unterscheidet man auch zwischen verschiedenen Zielbereichen. Diese umfassen Kundenziele, Wettbewerbsziele und Unternehmensziele. Sie stehen in wechselseitiger Beziehung und bestimmen letztlich, wie gut das Hauptziel erreicht wird.


Kundenziele:

  • Kundenbindung
  • Kosten- und Zeitersparnis für Kunden
  • Mehr Wahlmöglichkeiten für Kunden
  • Wettbewerbsziele:

  • Besetzung von Nischen (Interessant bei monopolistic competition!)
  • Anpassung der Preisstruktur an die Wettbewerber
  • Verringerung von Preistransparenz
  • Unternehmensziele:

  • Gewinnsteigerung durch Abschöpfung der Konsumentenrente (möglich durch Preisdifferenzierung!)
  • Umsatzsteigerung durch Mehrabsatz
  • Erreichen von Skaleneffekten
  • Marktvoraussetzungen

    Wie bereits im vorherigen Abschnitt gelten die in der VWL genannten Voraussetzungen auch für die BWL-Perspektive. In beiden Fällen muss eine bestimmte Marktform vorliegen, damit Preisdifferenzierung möglich ist.

    1. Marktvoraussetzungen (VWL)

    Es muss sich um einen unvollkommenen Markt handeln. Denn in einem vollkommenen Markt ist der Preis gegeben und für alle Teilnehmer identisch. Es muss als Marktform deshalb entweder ein Angebotsvorliegen oder monopolistische Konkurrenz. Nur in diesen Marktformen ist die Differenzierung möglich.

    Außerdem muss sich der Markt in Teilmärkte aufteilen lassen können. Diese Teilmärkte müssen voneinander so abgrenzbar sein, dass keine Zwischenhändler auftreten können. Denn sonst könnten diese Zwischenhändler die Preisdifferenzen ausnutzen und Arbitrage betreiben.

    2. Marktvoraussetzungen (BWL-Sicht)

    Aus Marketingsicht gibt es verschiedene Voraussetzungen, damit in der Unternehmenspraxis Preise differenziert werden können. Im Prinzip handelt es sich hier überwiegend um die bereits genannten VWL-Voraussetzungen. Nur jetzt als „BWL-Formulierungen“:  

    Kundensegmentierung: Segmente müssen voneinander eindeutig abgegrenzt werden können.

    Nichtübertragbarkeit der Produkte: Keine Arbitragemöglichkeit

    Nur begrenzte Kommunikation zwischen Segmenten: Hierdurch Verringerung der Preistransparenz

    Sie muss als fair wahrgenommen werden: Dies ist vor allem für die Preisdifferenzierung 1. Grades Voraussetzung.

    Verhältnismäßigkeit der Kosten: Für die Umsetzung entstehen Kosten. Z.b. für die Marktforschung. Die entstehenden Kosten dürfen nicht die Vorteile übersteigen.

    Zusammenfassung

    • Preisdifferenzierung bedeutet, dass dasselbe Gut an verschiedene Kunden zu unterschiedlichen Preisen verkauft wird.
    • Marktvoraussetzung für Preisdifferenzierung sind ein Angebotsmonopol oder monopolistische Konkurrenz.
    • Vielfältige Arten von Preisdifferenzierung (Marktsegmentierung) und Ausprägungen (Tiefe).
    • Preisdifferenzierung wird ausführlich im Marketing aus Unternehmenssicht behandelt.

    Literatur


    • Krugman, P. und R. Wells: Volkswirtschaftslehre, Schäffer-Poeschel, 2010.
    • Mankiw,G. und M. Taylor: Grundzüge der Volkswirtschaftslehre, 6. Auflage, Schäffer-Poeschel, 2016.
    • Pindyck, Robert S., und Daniel L. Rubinfeld. Microeconomics, Pearson Education Deutschland GmbH, 2018.

    Über die Autorin: 

    Nadine Behncke

    Promovierte Volkswirtin und überzeugte Europäerin. Ihre Schwerpunkte sind die Entwicklung und Herausforderungen der EU mit ihren Auswirkungen und Folgen auf Deutschland und seine Bevölkerung. Sie schreibt auf Think About zu Politik, Wirtschaft & Geschichte in Europa, um Wissen zu vermehren und zur Diskussion beizutragen.


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