Aktualisiert: 24. August 2023

Debatte: Die 6 Argumente für Außenhandel (und 6 dagegen)

Lesezeit:  Minuten

Es existiert eine Vielzahl von Argumenten für und gegen den Außenhandel. Allerdings betreffen viele gegnerische Argumente hauptsächlich die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Die Folgen des internationalen Wettbewerbs begründen die Vorteile und die Nachteile des Außenhandels.

Außenhandel = internationaler Wettbewerb

übersicht globaler wettbewerb und außenhandel

Außenhandel bringt verschiedene Vorteile. Bedingt auch durch einen verstärkten Wettbewerb. Dieser internationale Wettbewerb birgt aber auch Raum für Nachteile des internationalen Handels. Denn ein Kennzeichen des Wettbewerbs ist es nun einmal, dass es nicht nur Gewinner, sondern auch Verlierer gibt.

Die obige Grafik veranschaulicht, dass der mit Außenhandel einhergehende verstärkte Wettbewerb zwischen drei Gruppen stattfindet:

1. Unternehmen: Sie kämpfen auf den größeren Märkten um Marktanteile für ihre Produkte

2. Arbeitskräfte: Sie konkurrieren um Arbeitsplätze

3. Staaten: Sie sind die Verwalter von „Standorten“ für inländische und ausländische Unternehmen und Kapital. Sie konkurrieren darum, den jeweils attraktivsten Standort zu besitzen.

Während als Vorteil für den Außenhandel durch den stärkeren Wettbewerb vor allem Effizienzgewinne (und darüber Wohlstand) abgeleitet werden, sind bei den Contra-Argumenten sehr häufig Arbeitskräfte bzw. die Arbeitsmärkte zu finden.

Vor- und Nachteile im Außenhandel

Vorteile

  • Zunehmender Wettbewerb
  • Effiziente Produktion durch Spezialisierung
  • Steigende Vielfalt an Gütern
  • Geringere Kosten durch Skalenerträge
  • Höherer Wissensfluss
  • Erzeugung von Wirtschaftswachstum

Nachteile

  • Verlierer durch steigenden Wettbewerb
  • Arbeitsplatzabbau und niedrige Löhne
  • Rückgang der Umwelt- und Sozialstandards
  • Ausbeutung von Entwicklungsländern
  • Arbeits- und Sozialmigration
  • Schutz der heimischen Industrie

1. Vorteile

Zunehmender Wettbewerb

Einzelne Unternehmen, die zusätzlich keine ausländischen Konkurrenten haben, besitzen wahrscheinlich mehr Marktmacht. Hierdurch können sie höhere Preise für ihre Güter und Dienstleistungen verlangen als es dem tatsächlichen Wettbewerbsniveau entspricht. Marktmacht bis hin zur Bildung von Monopolen ist eine Art des Marktversagens. Dies bedingt einen Staatseingriff. Der Außenhandel lässt dagegen dieses Marktversagen gar nicht erst entstehen. Er fördert über die zusätzlichen ausländischen Unternehmen den Wettbewerb, was letztlich zu niedrigeren Preisen führt.

Effiziente Produktion durch Spezialisierung

Das traditionelle und Hauptargumente für freien Außenhandel sind die Realisierung eines Handelsgewinnes und eines Spezialisierungsgewinnes. Beide Gewinne gelten für das Export- und das Importland. Grundlage für diese Gewinne ist die Konzentrierung der Handelspartner auf ihre komparativen Kostenvorteile. Hierdurch verändert sich die Produktionsstruktur im Land. Die Unternehmen der beiden Handelspartner konzentrieren sich auf die Produktion desjenigen Gutes, für das sie relativ gesehen geringere Kosten haben (Spezialisierungsgewinn). Sie können dadurch mehr von dem (kostengünstigen) exportieren und gleichzeitig andere Güter zu einem niedrigeren Preis importieren (Handelsgewinn, da niedrigere Preise in der Produktion und beim Import).

Steigende Vielfalt an Gütern

Die Güter, die in verschiedenen Ländern hergestellt worden, sind nicht identisch. Man denke an den Automarkt. Oder deutsches Bier schmeckt anders als belgisches Bier. Der Außenhandel verschafft den Konsumenten in allen Ländern größere Auswahlmöglichkeiten bezüglich des gewünschten Produktes. Durch die erhöhte Produktauswahl ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass der Bedarf des Konsumenten genau getroffen wird. Was letztlich seine persönliche Wohlfahrt optimiert.

Geringere Kosten durch Skalenerträge

Manche Güter können in größeren Mengen, mit weniger Kosten hergestellt werden. Man spricht in diesem Fall von Skalenerträgen. Ein Unternehmen, mit einem begrenzten Absatzmarkt (d. h. nur dem Inland) kann deshalb von Skalenerträgen nicht profitieren. Denn es produziert nur für einen kleinen Markt. Der Außenhandel verschafft dem Unternehmen einen größeren Absatzmarkt. Hierdurch kann es stärker von Skalenerträgen profitieren und zu niedrigeren Kosten produzieren.

Stärkerer Ideenfluss

Es wird davon ausgegangen, dass der internationale Handel mit dem Transfer von Wissen und Ideen verbunden ist. Demzufolge fördert der Außenhandel den technologischen Fortschritt eines Landes. Ein ärmeres Land importiert zum Beispiel Computer, die es (bisher) selber nicht herstellt. Hierdurch „lernt“ das Land diese Technologie und ihre Möglichkeiten kennen. Ein Beispiel für den Fortschritt durch Handel und Importe ist China. Produkte, die es anfangs als Konsumgüter importiert hatte, stellte es später selber her. Hier handelte es sich in der Regel um eine reine Imitation. Inzwischen ist das Land in der Lage, solche Güter selber weiterzuentwickeln und international konkurrenzfähige Produkte herzustellen.

Erzeugung von Wirtschaftswachstum

Handel führt zu einer höheren Produktion aufgrund der damit einhergehenden Spezialisierung. Dies gilt sowohl für das Exportland als auch das Importland. Für ärmere Länder kann eine höhere Produktion durch Handel zu höherem Wirtschaftswachstum führen. Ein höheres Wirtschaftswachstum erhöht letztlich auch den Lebensstandard der Bevölkerung der Volkswirtschaft.

2. Nachteile

Verlierer durch steigenden Wettbewerb

Außenhandel bedeutet steigenden Wettbewerb. Denn neben den inländischen Anbietern gibt es nun auch zusätzlich noch ausländische Anbieter. Da verschiedene Länder zum Beispiel Autos produzieren, konkurrieren die inländischen Produzenten hier mit den Unternehmen der importierten Autos. Der stärkere Wettbewerb ist in diesem Fall für die Konsumenten gut. Sie haben eine höhere Auswahl und niedrigere Preis. Das inländische Unternehmen verliert aber ggf. in diesem Beispiel durch den Außenhandel, wenn sein Konkurrent wettbewerbsfähiger ist. Andererseits sind die Konsumenten auch Arbeitskräfte. Wenn sie jetzt in dem nicht-konkurrenzfähigen Unternehmen arbeiten, wirkt sich dies negativ auf ihren Lohn aus. Oder das Unternehmen setzt Arbeitskräfte frei. Dies zeigt, dass Außenhandel nicht nur Gewinner produziert, sondern auch Verlierer. Diese Verlierer können sowohl Unternehmen als auch Arbeitskräfte sein.

Arbeitsplatzabbau durch Niedriglohnkonkurrenz

Dieses Contra-Argument erhielt in der Wissenschaft und Gesellschaft um 2007 herum sehr viel Aufmerksamkeit. Denn es ist in der Tat so, dass in manchen Ländern bestimmte Produkte günstiger produziert werden können als z. B. in Deutschland. Hierbei handelt es sich dann um Güter, die für ihre Produktion sehr viele Arbeitskräfte benötigen. Deshalb sind dort dann auch die Löhne in diesem Bereich niedriger. Produziert Deutschland in diesem Bereich ebenfalls Güter, ist es hier nicht konkurrenzfähig. Diese Unternehmen müssen ihre Produktion einfahren oder schließen, was zu Arbeitslosigkeit führt. Die zunehmende Fragmentation der Produktionsprozesse (Outsourcing) hat zudem dazu geführt, dass sich Länder nicht mehr nur auf die Produktion einzelner Güter spezialisieren. Sondern auch auf bestimmte Produktionsabschnitte.

Hierdurch hat vor allem in westlichen Ländern der Druck auf die Löhne für einfache Arbeit zugenommen. Andererseits hat z. B. Deutschland nicht nur Nachteile. Denn es hat Vorteile bei der Produktion von Gütern, die relativ viel Kapital benötigen. Es ist Aufgabe der Wirtschaftspolitik dafür zu sorgen, dass die freigesetzten Arbeitskräfte neue und gut entlohnte Jobs in den konkurrenzfähigen Sektoren erhalten.

Rückgang der Sozial- und Umweltstandards

Häufig wird das Argument vorgebracht, dass der internationale Standortwettbewerb zu einem Rückgang der Sozial- und Umweltstands führt und auch der Löhne. Ein Unternehmen siedelt sich an demjenigen Standort an, an dem es die besten Voraussetzungen für seine Geschäftstätigkeit hat, also geringe Kosten und hohe Ertragschancen. Damit sind Kosten, die durch Löhne oder Umwelt- und Sozialauflagen verursacht werden, tatsächlich ein wichtiger Entscheidungsfaktor.

Anderseits spielen auch „weiche“ Faktoren, wie der Ausbildungsstand der Arbeitnehmer, die Qualität der Infrastruktur und die Leistungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung eine wichtige Entscheidungsrolle. Und auch die Stabilität des politischen und sozialen Umfeldes müssen berücksichtigt werden. Wenn nun Kostenfaktoren wie Steuern, Standards oder Löhne verringert werden, wirkt sich dies auch negativ auf die weichen Faktoren aus. Das Argument einer wettbewerbsbedingten Abwärtsspirale bei Löhnen und Standards ist somit nur in einem begrenzten Rahmen korrekt.

Ausbeutung von Entwicklungsländern

Das Argument lautet hier, dass Entwicklungsländer deshalb so arm seien, weil sie für ihre Exportprodukte real nur sehr geringe Erlöse erhalten. Hintergrund dieses Argumentes ist eine Diskussion um die sogenannten Terms of Trade.

Terms of Trade: Sie messen das Verhältnis zwischen dem Preisniveau der Exportgüter und dem Preisniveau der Importgüter.

Dieses Argument hat früher tatsächlich zugetroffen. Und ist heute noch für einzelne Exportgüter von Entwicklungsländern von Bedeutung. Insgesamt muss man es aber sehr eingeschränkt wirken lassen. Denn das Verhältnis der Terms of Trades hat sich für die meisten Exportgüter zugunsten der Entwicklungsländer entwickelt. Sie erhalten heute für ihre wichtigen Exportgüter (z. B. Kaffee und Rohstoffe) mehr Industrieprodukte als früher. Das Austauschverhältnis hat sich für sie verbessert. Dies liegt hauptsächlich in der gestiegenen Arbeitsproduktivität in den Industrieländern begründet. Sowie in Änderungen von Angebot und Nachfrage. Allerdings gibt es auch bestimmte Agrarprodukte, bei denen das reale Tauschverhältnis für die Entwicklungsländer schlechter geworden ist (z. B. Zucker oder Weizen).

Sozial- und Arbeitsmigration

Führt der Außenhandel zu „riesigen Wanderungsbewegungen von Arbeitskräften?“ Theoretisch ist es so, dass das Kapital international mobil ist. Die Arbeitskräfte sind dagegen nur begrenzt mobil. Sprachunterschiede und Heimatverbundenheit sind einige Gründe, weshalb Außenhandel nicht zu einer verstärkten Wanderung von Arbeitskräften führen kann. Eine vollständige Mobilität ist nur für bestimmte Arbeitskräfte zu beobachten, die besonders gut ausgebildet und nachgefragt sind. Nach dieser Argumentation ist Arbeitsmigration nur begrenzt möglich. Die Erfahrungen mit der EU-Osterweiterung zeigten zudem, dass die damals befürchteten Wanderungen osteuropäischer Arbeitskräfte in die alten EU-Staaten ausblieben. Bzw. sehr gemäßigt ausfielen. Anderseits hat die sogenannte Flüchtlingskrise gezeigt, dass globale Einkommensunterschiede und politische Instabilität die Migration verstärken.

Schutz der heimischen Industrie vor ausländischer Konkurrenz

Der Schutz der heimischen Industrie geschieht durch protektionistische Maßnahmen wie Zölle oder Einfuhrbeschränkungen. Als Argument dient hierfür oft, dass inländische Industriezweige so lange geschützt werden sollen, bis sie im Wettbewerb bestehen können. Dieser Ansatz eines „Erziehungszolls“ birgt aber mehrere Gefahren:

  1. Die geschützten Industriezweige verlieren weiter ihre Wettbewerbsfähigkeit, da kein Druck mehr auf ihnen durch den Wettbewerb lastet. 
  2. Es kann eine Protektionismus-Spirale in Gang gesetzt werden, so dass alle Länder protektionistische Maßnahmen einführen. Und diese stetig erhöhen.

Zusammenfassung

  • Außenhandel bedeutet globalen Wettbewerb
  • Dieser Wettbewerb besteht zwischen Unternehmen, Arbeitskräften und Staaten
  • Vorteile von Außenhandel sind zum einen Wohlstand über Effizienzgewinne und dynamische Handelsgewinne
  • Nachteile vom Außenhandel betreffen überwiegend in verschiedenen Ausführungen die Arbeitskräfte, da sie zudem Konsumenten sind.
  • Außenhandel ist nicht sozial. Es gibt Gewinner und Verlierer. Es ist deshalb Aufgabe der (internationalen) Wirtschaftspolitik, die Verlierer des Handels über die zusätzlichen Effizienzgewinne zu entschädigen.

Literatur


  • Mankiw,G. und M. Taylor: Grundzüge der Volkswirtschaftslehre, 6. Auflage, Schäffer-Poeschel, 2016.
  • Rübel, G. Reale Außenwirtschaft, Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH, 2004.
  • Sperber, H.: Wirtschaft verstehen. 112 Lernmodule zur VWL, 5. Auflage, Schäffer-Poeschel,2016.

Über die Autorin: 

Nadine Behncke

Promovierte Volkswirtin und überzeugte Europäerin. Ihre Schwerpunkte sind die Entwicklung und Herausforderungen der EU mit ihren Auswirkungen und Folgen auf Deutschland und seine Bevölkerung. Sie schreibt auf Think About zu Politik, Wirtschaft & Geschichte in Europa, um Wissen zu vermehren und zur Diskussion beizutragen.


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