Importierte Inflation bedeutet, dass ein ausländischer Anstieg des Preisniveaus zu einem Anstieg des inländischen Preisniveaus führt. In diesem Artikel stellen wir euch die Formen und Arten der importierten Inflation vor. Außerdem zeigen wir euch, welchen Einfluss Wechselkurse auf die Höhe der importierten Inflation haben.
Definition
Importierte Inflation: Jede Inflation, deren Ursache in den Außenbeziehungen einer Volkswirtschaft liegt. Aufgrund der komplexen Beziehungen gibt es verschiedene Inflationskanäle. Im engeren Sinn bezeichnet importierte Inflation den direkten internationalen Preiszusammenhang: Inflation im Ausland wird durch Importe in das Inland übertragen.
Ursachen der importierten Inflation
In unserem Artikel zum internationalen Preiszusammenhang erläutern wir die drei Kanäle des Inflationsimports. Hierbei handelt es sich um:
- Direkter internationaler Preiszusammenhang
- Nachfragesteigerung durch Zunahme des Außenbeitrages
- Geldmengenerhöhung durch Interventionen der Zentralbanken am Devisenmarkt (Liquiditätseffekt)
Mehr Informationen hier
Die folgende Abbildung überträgt die drei Kanäle in die resultierenden Effekte der Leistungs- bzw. Kapitalbilanz und zeigt, welche Form der importierten Inflation hieraus entsteht.
In der Abbildung wird deutlich, dass man bei der importierten Inflation zwischen einer importierten Angebotsinflation und einer importierten Nachfrageinflation unterscheiden kann. Es gelten hier dieselben Definitionen und Ursachen, wie bei den inländischen Inflationsformen.
Während die importierte Angebotsinflation nur durch den internationalen Preiszusammenhang übertragen wird, ist dies bei der importierten Nachfrageinflation vielschichtiger. Sie kann über alle drei Kanäle übertragen werden. Steigt die Nachfrage durch eine Zunahme des Außenbeitrags bzw. der Leistungsbilanz (d.h. Exporte > Importe) löst dies inflatorische Impulse aus. Zudem kann sie noch durch einen Anstieg des Geldangebotes begünstigt werden, die von dem geltenden Wechselkurssystem abhängt. Der Anstieg des Geldangebotes bewirkt einen sogenannten Liquiditäts- und Einkommenseffekt. Im Ergebnis wird hierdurch eine monetär induzierte Nachfrageinflation ausgelöst. Bzw. liegt eine importierte Geldmengeninflation vor.
Formen der importierten Inflation
Importierte Angebotsinflation: Inflationsform, bei der das (inländische) Preisniveau durch gestiegene Kosten auf den Weltmärkten (z.B. höhere Importpreise für Rohstoffe) bei den Unternehmen nach oben gedrückt wird.
Mehr Informationen: Artikel zur Angebotsinflation
Importierte Nachfrageinflation: Inflationsform, bei der das (inländische) Preisniveau aufgrund einer inflatorischen Lücke ansteigt. Diese inflatorische Lücke wird durch einen Leistungsbilanzüberschuss (Exporte > Importe) verursacht. In Abhängigkeit des Wechselkurses kann zudem noch ein Anstieg des Geldangebotes ausgelöst werden, so dass auch eine monetär induzierte (importierte) Nachfrageinflation vorliegen kann.
Hinweis: Die inflatorische Lücke erklären wir in unserem Artikel zur Nachfrageinflation.
Bedeutung importierte Inflation und Wechselkurse
Das gängige Lehrbuchbeispiel für die Wirkungen einer importierten Inflation ist die Ölpreis-Krise in den 1970er Jahren. Insbesondere in Deutschland war dies ein bedeutsames Ereignis. Läutete dieser exogene Schock doch das Ende des sogenannten Wirtschaftswunders in Nachkriegsdeutschland ein. Erstmals schwächte sich in der damaligen Bundesrepublik das Wirtschaftswachstum ab, es kam zu Inflation und die Arbeitslosigkeit stieg.
Die Folgen dieses Anstiegs der Ölpreise sind ein Beispiel für eine importierte Kosteninflation bzw. eine Form der Angebotsinflation.
Das folgende Zahlenbeispiel zur Illustration, wie die Auswirkungen der importierten Kosteninflation vom Wechselkurs abhängen, stammt aus Clement et al. (vgl. die Literatur am Ende des Artikels).
Rohöl wird in US-$ gehandelt. Es besteht zwischen dem €-Preis für ein Barrel Rohöl und dem US-Dollarpreis pro Barrel folgende Beziehung:
€-Preis pro Barrel Rohöl = US-$ Preis pro Barrel Rohöl / Wechselkurs US-$ pro €
Nimmt man nun als Ausgangssituation einen Rohölpreis von 40 US-$ je Barrel und einen Wechselkurs von 1,2 US-$ pro € an, kann man die folgenden Szenarien in der Preisentwicklung unterscheiden:
1. Ausgangssituation
Preis je Barrel Öl: 48 € = 40 US-$ / 1,20 US-$ pro €
Aus inländischer Sicht beträgt der Preis je Barrel Öl 48 €. Er ergibt sich aus dem ausländischen Preis und dem Wechselkurs.
2. Neu: Importierte Inflation und konstante Wechselkurse
Preis je Barrel Öl: 72 € = 60 US-$ / 1,20 US-$ pro €
Die importierte Inflation wird durch den neuen gestiegenen Ölpreis von 60 US-$ dargestellt. Bei konstantem Wechselkurs folgt ein neuer „inländischer“ Ölpreis von 72 € je Barrel.
2.1 Importierte Inflation und Aufwertung des €
Preis je Barrel Öl: 78 € = 60 US-$ / 1,30 US-$ pro €
Bei einer Aufwertung des € (1,2 zu 1,3 US-$) als Reaktion auf den gestiegenen Ölpreis in US-$ resultiert aus inländischer Sicht ein neuer Ölpreis von 78 € je Barrel.
2.2 Importierte Inflation und Abwertung des €
Preis je Barrel Öl: 66 € = 60 US-$ / 1,10 US-$ pro €
Bei einer Abwertung des € (1,2 zu 1,1 US-$) als Reaktion auf den gestiegenen Ölpreis in US-$ resultiert aus inländischer Sicht ein neuer Ölpreis von 66 € je Barrel.
Ergebnis: Die importierte Inflation in Form des Ölpreises aus inländischer Sicht war mit 78 € in Fall 2.1 am höchsten. D. h. steigende Weltmarktpreise und eine schwache inländische Währung (Reaktion: Wechselkurs-Aufwertung) haben stärkere Auswirkungen, als wenn eine starke inländische Währung vorliegt (Reaktion Wechselkurs-Abwertung, sogar ceteris paribus positiver Preis-Effekt aus Inlandssicht)
Nun stellt sich abschließend die Frage, wie hoch nun, gesamtwirtschaftlich gesehen, die Gefahr einer importierten Inflation ausfällt, falls die inländische Währung gegenüber der ausländischen Währung schwach ist.
Bedeutung und Gefahr der importierten Inflation in Deutschland
Möchte man den Einfluss der importierten Inflation (ggf. differenziert zwischen Angebot und Nachfrageinflation) auf die inländische Inflationsrate beurteilen, kann man dies mit einer einfachen Rechnung näherungsweise tun. Man berechnet hierfür den Anteil der importierten Inflation an der Gesamtinflation. Hierfür benötigt man die Inflationsrate, die Preisveränderung der Importpreise und die Importquote. Die Daten für Deutschland findet man z. B. bei Destatis oder bei Eurostat.
In unserem Beispiel von Clement et al. gehen wir von folgenden Werten aus:
- Inflationsrate: + 4 %
- Steigerung der Importpreise: + 10 %
- Importquote: 25 %
Jetzt benötigt man etwas Prozentrechnung: Die Importquote (Importe/BIP) beträgt 25 %. D. h. 25 % aller Güter werden importiert. Die Preise für diese (importierten) Güter sind um 10 % gestiegen. Hieraus folgt, dass der außenwirtschaftliche Anteil an der gesamten Inflationsrate von 4 %, 62,5 % beträgt ((2,5/4)*100) bzw. in Prozentpunkten 2,5 (0,1 ×0,25). Die inländisch verursachte Inflation hat dagegen einen Anteil von 37,5 % (100 % - 62,5 %).
Das Beispiel zeigt, dass in einer offenen Volkswirtschaft die Bedeutung der importierten Inflation an der gesamten Inflation hoch ist.
Deutschland ist eine solche offene Volkswirtschaft. Die Unternehmen (auch die kleinen und mittelständischen Unternehmen) sind oft international tätig und sogar häufig Weltmarktführer. Deutsche Exporte werden auf den Weltmärkten nachgefragt. Insofern spielt in Deutschland die importierte Angebotsinflation eine Rolle. Von besonderer Bedeutung ist in Deutschland aber die importierte Nachfrageinflation: Zum einen über die importierten Vorleistungen der Unternehmen, zum anderen über die Importnachfrage der Konsumenten.
In Deutschland wird seit DM-Zeiten eine strenge Preisniveaustabilität angestrebt. Dies hatte zur Folge, dass oftmals die inländischen Preise niedriger ausfielen als im Ausland. Dies bewirkte normal, dass die Importe sanken und die Exporte stiegen. Sind die inländischen Produktionskapazitäten ausgelastet, steigen daraufhin die Preise (Inflation). Würde man die Inflation verhindern wollen, müsste die Produktion für die inländische Nachfrage zugunsten der Exportproduktion verringert werden.
Ende der importierten Nachfrageinflation und Wechselkurssystem
Die relative Preisniveaustabilität in Deutschland führt dazu, dass die Exporte steigen. Auch wenn es, wie oben beschrieben, bei ausgelasteten Kapazitäten zu Inflation kommt, ist dieser Preisanstieg nicht per se als schlecht zu bewerten.
Aus beschäftigungspolitischer Sicht kann man diese Entwicklung positiv bewerten. Die höheren Preise ermöglichen es den relevanten Unternehmen bzw. Wirtschaftszweigen höhere Gewinne zu erzielen und somit auch den Arbeitnehmern höhere Löhne zu zahlen. Dieser Prozess der höheren Löhne und Preissteigerungen setzt sich in die übrigen Wirtschaftszweige fort, so dass es auch gesamtwirtschaftlich zu einem Anstieg des Preisniveaus kommt.
Ob, und wann der Prozess der importierten Inflation endet, hängt vor allem von der Gestaltung des Wechselkurssystems ab. Man unterscheidet zwischen flexiblen Wechselkursen und festen Wechselkursen. Feste Wechselkurse können als Vorstufe für eine gemeinsame Währung (wie der Euro-Raum) angesehen werden.
Feste Wechselkurse: In diesem System sind die Notenbanken verpflichtet über Stützungskäufe am Devisenmarkt etwaige Ungleichgewichte zu beseitigen. Ein Anstieg des Exportüberschusses würde damit zu einer Erhöhung der Geldmenge führen (vgl. das Zahlenbeispiel zum Ölpreis). Es kommt damit zu außenwirtschaftlichen Ungleichgewichten, die durch die anschließende Intervention der Notenbank beseitigt werden.
Flexible Wechselkurse: Hier kommt es kaum zu länger anhaltenden außenwirtschaftlichen Ungleichgewichten. Und damit auch nicht zu einer importierten Nachfrageinflation. Steigt in einem System flexibler Wechselkurse die Exportnachfrage, hat dies direkte Anpassungsprozesse auf dem Devisenmarkt zu Folge. Im Ergebnis wird die inländische Währung daraufhin gegenüber der ausländischen Währung aufgewertet. Hierdurch sinken die Exporte und die Importe steigen. Dieser Wechselkursmechanismus führt damit zu einem Ausgleich der außenwirtschaftlichen Ströme. Dadurch entsteht keine importierte Inflation.