Aktualisiert: 27. Februar 2023

Internationaler Preiszusammenhang: Definition und Erklärung

Lesezeit:  Minuten

Der internationale Preiszusammenhang zwischen Ländern beschreibt, wie sich Wirtschaftsbeziehungen über die Preise auf den Handelspartner auswirken können. In diesem Einführungsartikel zum Thema erfahrt ihr, was der internationale Preiszusammenhang ist. Über welche Kanäle er wirkt. Und wieso man den Begriff importierte Inflation gesondert betrachten sollte.

Definition

Internationaler Preiszusammenhang: Zusammenhang zwischen inländischem Preisniveau und ausländischer Inflation. Zeigt im engeren Sinn, wie der Handel mit Gütern und Dienstleistungen Preisdifferenzen zwischen den Handelspartnern abbaut.  

Oft verwendet man zur Erklärung dieses Zusammenhangs das Beispiel eines Preisanstiegs im Inland aufgrund von gestiegenen Preisen im Ausland. Deshalb kann es leicht vorkommen, dass man die Begriffe internationaler Preiszusammenhang und importierte Inflation synonym verwendet. Dies ist aber nicht der Fall, da der Preiszusammenhang die Übertragung von ausländischen Preisentwicklungen im Inland durch Handelsbeziehungen beschreibt. D.h. es kann z.B. auch ein „Inflationsexport“ untersucht werden.

Andererseits hängt es auch von verschiedenen Faktoren ab, wie bzw. wie stark der internationale Preiszusammenhang wirkt. Unter bestimmten Umständen kann die inländische oder ausländische Preisreaktion auch ausbleiben.


Übersicht internationaler Preiszusammenhang

internationaler preiszusammenhang

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Die abgebildete Grafik zeigt nun exemplarisch die Wirkungsweise dieses direkten internationalen Preiszusammenhangs. Abgebildet ist hier das Beispiel eines Preisanstiegs im Ausland.

Das seht ihr auf der rechten Seite der Grafik. Dies ist der Ausgangspunkt.

Was passiert nun, wenn im Ausland die Preise steigen?

Zuerst einmal bedeutet dies im Inland einen Anstieg der Importpreise. Denn aus Sicht des Inlands sind die Importpreise die inländischen Preise des Handelspartners.

Die weiteren Auswirkungen hängen jetzt davon ab, wie der sogenannte Außenbeitrag des Inlandes auf diesen Anstieg der Importpreise reagiert.

Außenbeitrag: Teil der Leistungsbilanz, der den wertmäßigen Saldo von Exporten und Importen ausweist. In der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung und der Verwendungsseite des Bruttoinlandsproduktes vereinfacht dargestellt als: Außenbeitrag = Exporte – Importe

Wir gehen hier von einer Normalreaktion des Außenbeitrags aus.

Durch den Preisanstieg für Importe geht die Nachfrage nach Importen zurück. D.h. es wird weniger importiert. Aus Sicht des Auslandes bedeutet dies, dass deren Exporte sinken.

Auf der anderen Seite können die inländischen Exporteure nun höhere Preise für ihre Güter durchsetzen. Gleichzeitig werden der inländische Export bzw. die ausländischen Importe zunehmen.

Diesen Zusammenhang bezeichnet man als Normalreaktion des Außenbeitrags bei einem Anstieg des ausländischen Preisniveaus. Im Ergebnis verschlechtert sich der Außenbeitrag des Auslands. Und der Außenbeitrag des Inlands verbessert sich.

Viel wichtiger in diesem Artikel ist aber die Auswirkung auf das inländische Preisniveau: Da jetzt sowohl die Import- als auch die Exportpreise gestiegen sind, bedeutet dies auch insgesamt einen Anstieg des inländischen Preisniveaus.

Ergebnis direkter internationaler Preiszusammenhang: Bei einer Normalreaktion des Außenbeitrags führt ein Preisanstieg im Ausland zu einem Preisanstieg im Inland.

Ursachen für den Außenbeitragseffekt

Die Ursache für den oben beschriebenen Außenbeitragseffekt waren die Unterschiede zwischen dem inländischen und dem ausländischen Preisniveau. Konkret waren die Preise im Ausland im Vergleich höher als im Inland.

Im Fall von völlig freiem internationalem Handel sind solche Preisdifferenzen auf Dauer nicht haltbar. Zumindest nicht für die international gehandelten Güter. Hintergrund für diese Annahme ist, dass Inland und Ausland als einheitlicher großer Markt angesehen werden. Und auf einem „vollkommenen“ Markt sollte für dieselben Güter ein einheitlicher Preis existieren. Man spricht hier auch von „Preiskonvergenz“. Ein Vorgang, der im Rahmen der Schaffung des EU-Binnenmarktes und der Konvergenzkriterien für die Euro-Einführung eine große Rolle in der wissenschaftlichen Betrachtung und politischen Diskussion geführt hat.

Das Gesetz des einheitlichen Preises (law of one price) beruht auf der Kaufkraftparitätentheorie. Sie einer der ältesten Ansätze zur Erklärung von Wechselkursbewegungen.

Kaufkraftparitätentheorie: Auf Wettbewerbsmärkten angebotene vergleichbare Güter, ausgedrückt in derselben Währung, werden zu einem einheitlichen Preis angeboten.

Nun ist dieses Gesetz des einheitlichen Preises ein theoretisches Modell, das sehr viele Voraussetzungen enthält, um funktionieren zu können. So müssen z.B. die gehandelten Güter homogen sein (also von ähnlicher Qualität) und die Marktteilnehmer die Preisunterschiede kennen. Also, es muss ein vollkommener Markt vorliegen, was in der Realität nicht wirklich anzutreffen ist.

Nichtsdestotrotz erklärt diese Theorie die Beobachtungen beim internationalen Preiszusammenhang recht gut. Es ist daher eher die Frage, inwieweit die Theorie greift, und aufgrund welcher Faktoren die Preiskonvergenz nicht funktioniert.

Liegen jetzt also Preisdifferenzen, wie in unserem Beispiel vor, werden internationale Händler das Gut im Inland relativ preisgünstig kaufen und es im Ausland zu einem höheren Preis verkaufen. Man spricht in diesem Fall von Arbitragegeschäften.

Sie tragen dazu bei, dass im Inland die Nachfrage und im Ausland das Angebot zunimmt.  Dies wirkt im Inland preistreibend und im Ausland preis dämpfend. Was in der obigen Abbildung beschrieben ist. Aus Sicht des Inlandes besteht abschließend die Gefahr, dass dieser durch Arbitrage verursachte Preisanstieg auf das gesamte inländische Preisniveau ausbreitet. Und es letztlich gesamtwirtschaftlich zu Inflation kommt.


Kanäle des Inflationsimports

Importierte Inflation ist gut möglich, wenn man die Kanäle der importierten Inflation betrachtet.

Man unterscheidet zwischen drei Möglichkeiten, weswegen es zu einem Inflationsimport kommen kann, wie die folgende Abbildung zeigt:

kanäle inflationsimport

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Kanal 1: Direkter internationaler Preiszusammenhang

Diesen Kanal haben wir in unserem Beispiel betrachtet. Er bildet einen wichtigen Kanal der importierten Inflation. Allerdings existieren spiegelbildlich zur hausgemachten Inflation noch mehr Möglichkeiten als die beschriebenen Arbitragegeschäfte, weswegen sich die Inflation gesamtwirtschaftlich bemerkbar macht:

  • Arbitragegeschäfte (der Form halber noch einmal aufgeführt)
  • Angebotsinflation – Kostendruckinflation

Handelt es sich z.B. bei den importierten Gütern um Vorleistungsprodukte oder Rohstoffe, bewirkt dies einen Preisdruck auf die inländischen Hersteller. Diese höheren Produktionspreise geben sie später an den Endabnehmer weiter.

Mehr Informationen: Artikel zur Angebotsinflation

  • Nachfrageinflation (demand pull auf Unternehmensseite)

Es kann sein, dass die Exportunternehmen in dieser Situation nun vermehrt Investitionsgüter und Vorleistungen nachfragen. Hierdurch kann es ebenfalls zu einem Preisanstieg kommen.

Mehr Informationen: Artikel zur Nachfrageinflation

  • Lohn-Preis-Spirale

Da sämtliche Preissteigerungen auf der Anbieterseite letztlich in höheren Preisen für die Konsumenten resultieren, steigt bereits hierdurch das Preisniveau gemessen über den Preisniveauindex. Jedoch sind Verbraucher aber auch Arbeitnehmer. Die steigenden Verbraucherpreise führen deshalb zu höheren Lohnforderungen. Was letztlich zu der sogenannten Lohn-Preis-Spirale führen kann.


Kanal 2: Außenbeitragsreaktion

Der zweite Kanal der importierten Inflation besteht in der Annahme einer normalen Außenbeitragsreaktion auf die Preisentwicklungen im Ausland. Sie besteht in dem beschriebenen Zusammenhang, dass ein Preisanstieg im Ausland zu einem Anstieg des (inländischen) Außenbeitrags führt. Dieser expansive Effekt führt zu Inflation.


Kanal 3: Geldmengeninflation

Der letzte Kanal besteht darin, dass inflatorische Tendenzen einen Anstieg des Geldangebots bewirken können. Liegen feste Wechselkurse, muss die Notenbank intervenieren, um den Kurs zu halten. D.h. in unserem Beispiel ist sie nun verpflichtet, ausländische Währung aufzukaufen, um den Wechselkurs zu stabilisieren. Hierdurch steigt die inländische Geldmenge, was Inflationsgefahren birgt. Devisenmarktinterventionen können damit zu einer Geldmengeninflation führen.

Liegen dagegen flexible Wechselkurse vor, sorgt der Wechselkurs für einen Ausgleich der Inflationsraten der Handelspartner. Die anfangs kurz angeführte Kaufkraftparität sieht Inflationsdifferenzen als Bestimmungsgröße des Wechselkurses. (Stichwort: reale Wechselkurse)

Mehr Informationen: Artikel zur Geldmengeninflation

Zusammenfassung

  • Internationaler Preiszusammenhang: Beschreibt, wie der Handel mit Gütern und Dienstleistungen Preisdifferenzen zwischen den Handelspartnern abbaut.  
  • Er bewirkt somit eine Verknüpfung zwischen inländischer Preisentwicklung und der ausländischen Inflationsrate.
  • Wechselkurse spielen hierbei eine wichtige Rolle: Feste Wechselkurse: Geldmengeninflation durch Intervention der Zentralbank. Flexible Wechselkurse: Kaufkraftparitätentheorie wirkt.
  • Kanäle importierte Inflation: Außenbeitragsreaktion: Ausländischer Preisanstieg hat positive konjunkturelle Impulse im Inland und führt zu einem Preisanstieg. Außerdem möglich cost push, demand pull Inflation und Lohn-Preis-Spirale.

Literatur


  • Clement, Reiner, et al. Angewandte Makroökonomie: Makroökonomie, Wirtschaftspolitik und nachhaltige Entwicklung mit Fallbeispielen, Franz Vahlen, 2013.
  • Mankiw, G. und M. Taylor: Grundzüge der Volkswirtschaftslehre, 6. Auflage, Schäffer-Poeschel, 2016.
  • Sperber, H.: Wirtschaft verstehen. 112 Lernmodule zur VWL, 5. Auflage, Schäffer-Poeschel,2016.

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Über die Autorin: 

Nadine Behncke

Promovierte Volkswirtin und überzeugte Europäerin. Ihre Schwerpunkte sind die Entwicklung und Herausforderungen der EU mit ihren Auswirkungen und Folgen auf Deutschland und seine Bevölkerung. Sie schreibt auf Think About zu Politik, Wirtschaft & Geschichte in Europa, um Wissen zu vermehren und zur Diskussion beizutragen.


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