Im Marktgleichgewicht stimmen Angebot und Nachfrage überein. In diesem Artikel erläutern wir euch, ob und wann ein Marktgleichgewicht existiert. Außerdem gehen wir auf die Eigenschaften, Anpassungsprozesse und Kritikpunkte am Gleichgewicht im vollkommenen Markt ein.
Definition
Marktgleichgewicht: Situation, in der Angebot und Nachfrage auf einem Markt übereinstimmen. Dies bedeutet, dass die Menge des Angebots gleich der Menge der Nachfrage ist. Dies ist die Gleichgewichtsmenge. Den korrespondierenden Preis bezeichnet man als Gleichgewichtspreis.
Hintergrund und Einordnung
Die Entstehung des Marktgleichgewichtes über die Preisbildung ist ein zentraler Bestandteil der neoklassischen Theorie und der allgemeinen Gleichgewichtstheorie. Wie bei fast allem aus der Neoklassik, finden sich auch bei diesem Thema die ersten Versuche bei Adam Smith und David Ricardo. Smith nach in seinem Buch „Der Wohlstand der Nationen (1776)“ bereits an, dass die Nachfrage vom Preis abhängt (allerdings nicht umgekehrt). Und Ricardo schlug die erste Idee für ein ökonomisches Model vor, aus dem sich letztlich die Theorie des Gleichgewichtspreises entwickelte.
Die Entwicklung der heute tragenden Modelle fand dann Ende des 19. Jahrhunderts statt, als die Idee des Grenzpreises entstand. Die Angebots- und Nachfragemodelle mit dem Gleichgewichtspunkt wurden von Alfred Marshall und Leon Walras entwickelt. Mit diesen einfachen und einprägsamen Darstellungen analysierten sie die verschiedenen Einflüsse der Marktdeterminanten untereinander.
Seitdem kann die Entwicklung der Theorie des Marktgleichgewichtes und der Theorie von Angebot und Nachfrage als abgeschlossen bezeichnet werden. Ab diesem Zeitpunkt richtete sich das wissenschaftliche Interesse dann verstärkt auf die Analyse der Determinanten und Auswirkungen von Marktversagen.
Markt und Marktgleichgewicht
Implizit streben alle Marktteilteilnehmer ein Marktgleichgewicht als Zustand an. Denn Marktstörungen, oder gar ein Marktversagen, erhöhen das wirtschaftliche Risiko der Marktteilnehmer. Um die damit einhergehende Unsicherheit bei den wirtschaftlichen Entscheidungen zu berücksichtigen, hat dies Auswirkungen auf Angebot, Nachfrage und den Preis. Zwischen den Teilnehmern der beiden Marktseiten und dem Preis existiert ein enger Zusammenhang: Der Preis gleicht die beiden Seiten aus und fungiert als gleichgewichtsbildende Variable. Denn je niedriger der Preis ist, desto höher ist die Nachfrage bzw. geringer das Angebot.
Für ein Verständnis des Marktgleichgewichtes sind deshalb der Aufbau der beiden Marktseiten, der Funktionen des Gleichgewichtspreises wichtig. Außerdem stellt sich die Frage, ob, ggf. wann ein Marktgleichgewicht existiert und ob es stabil ist.
1. Angebotsseite
Angebot: Menge eines Gutes, die Produzenten bereit sind, für einen bestimmten Preis p zu produzieren und auf dem Markt anzubieten.
Die Angebotskurve ist positiv vom Preis abhängig. D.h. mit höherem Preis steigt das Angebot. Die Angebotskurve beginnt in der Regel bei einem Preis > 0. Diesen Punkt bezeichnet man als Markteintrittspreis.
2. Nachfrageseite
Nachfrage: Menge eines Gutes, die Nachfrager bereit sind, zu einem bestimmten Preis p zu erwerben.
Die Nachfragekurve verläuft negativ. Mit höherem Preis p für ein Gut x sinkt dessen Nachfrage. Die Nachfragekurve ist durch den Prohibitivpreis und die Sättigungsmenge begrenzt. Die Sättigungsmenge gibt an, ab welcher Menge x eines Gutes der Nachfrager gesättigt ist. Und er selbst für einen Preis von null nichts mehr konsumieren wollen würde. Der Prohibitivpreis gibt dagegen an, ab welchem Preis p der Konsument das Gut x nicht mehr nachfragen würde.
3. Gleichgewichtspreis
Die Grafiken der eben definierten Angebots- und Nachfragekurven bezeichnet man als Preis-Absatz-Funktion. Denn sie bilden den Zusammenhang zwischen Preis und Menge des Gutes aus Sicht der jeweiligen Marktseite ab. Kombiniert man die beiden Seiten in einem Diagramm, erlaubt dies eine Identifikation und Analyse des Marktgleichgewichtes über den dazugehörigen Gleichgewichtspreis.
Mehr Informationen: Artikel zu Preisfunktionen
Eigenschaften des Marktgleichgewichtes
Befinden wir uns in dem Modell des vollkommenen Marktes, zeichnet sich ein Marktgleichgewicht durch zwei zentrale Eigenschaften aus. Die erste Eigenschaft besteht darin, dass das Marktgleichgewicht stabil ist. D. h., verändert sich z. B. die Nachfrage, ergibt sich ein neues Gleichgewicht. Die hier einsetzenden Anpassungsprozesse beschreibt das sogenannte Cobweb-Theorem.
Die zweite Eigenschaft des Marktgleichgewichts besteht in der wohlfahrtsökonomischen Betrachtung. In einem Marktgleichgewicht wird der soziale Überschuss maximiert.
1. Marktgleichgewicht und Stabilität: Markträumung
Ein Marktgleichgewicht bedeutet, dass die Pläne der Wirtschaftssubjekte (Anbieter und Nachfrager) in Erfüllung gehen. Im Gleichgewicht haben sie keinen Anreiz, ihr Verhalten zu ändern.
Die folgende Grafik stellt ein Marktgleichgewicht dar. Es liegt im Schnittpunkt der Angebots- und Nachfragekurve. Es wird bestimmt durch den Gleichgewichtspreis PGG und die Gleichgewichtsmenge XGG. Aus der Grafik wird weiterhin ersichtlich, welche Rolle der Marktpreis spielt, dass das Marktgleichgewicht stabil ist. D. h., dass Ungleichgewichte durch Preisänderungen entstehen können. Diese aber wieder aufgelöst werden.
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen zwei Marktungleichgewichten:
1. Der Preis liegt über dem Gleichgewichtspreis (P2)
2. Der Preis liegt unter dem Gleichgewichtspreis (P1)
Im ersten Fall führt der zu hohe Preis P2 dazu, dass die Nachfrage geringer als das Angebot ist. Es liegt ein Angebotsüberschuss vor bzw. ein Nachfragedefizit. Im zweiten Fall führt der Preis P1 unter dem Gleichgewichtspreis dazu, dass die Nachfrage höher ist als das Angebot. Es liegt ein Nachfrageüberschuss vor bzw. ein Angebotsdefizit.
Beide Marktungleichgewichte führen zu Anpassungsprozessen der Marktteilnehmer. Bei einem Angebotsüberschuss werden die Produzenten den Preis senken, da sie ihr Angebot zu dem bisherigen Preis nicht vollständig absetzen konnten. Im Zuge dieser Preissenkung geht automatisch das Angebot zurück. Parallel zum sinkenden Preis erhöht sich die Nachfrage, so dass sich ein neues Marktgleichgewicht ergibt.
Bei einem Nachfrageüberschuss sind die Konsumenten bereit, höhere Preise zu zahlen. Hierdurch steigt der Preis und in Folge erhöhen die Produzenten ihr Angebot. Gleichzeitig sind einige Konsumenten nicht mehr bereit den gestiegenen Preis zu zahlen und die Nachfrage sinkt etwas. Im Endeffekt ergibt sich auch hier ein neues Marktgleichgewicht.
Einfaches Beispiel für die Berechnung des Marktgleichgewichtes
Angebotsfunktion: XA = 200 + 60p
Nachfragefunktion: XN = 1000 – 20p
Berechnung des Marktgleichgewichts:
1. Gleichsetzen der Angebots- und Nachfragefunktion: 1000 – 20 p = 200 + 60 P
2. Auflösen nach P: P* = 10
Der Gleichgewichtspreis beträgt 10 Geldeinheiten
3. Bestimmung der Gleichgewichtsmenge, indem der Gleichgewichtspreis P=10 in die Nachfragefunktion eingesetzt wird (oder in die Angebotsfunktion):
X* = 200 + 60 * 10 = 800
Die Gleichgewichtsmenge beträgt x* = 800.
Ergebnis: Im Marktgleichgewicht beträgt der Preis 10 Geldeinheiten und es werden 800 Einheiten des Gutes x abgesetzt.
Zusammengefasst bedeuten diese Anpassungsprozesse, dass ein Markt mit normaler Nachfrage und normalem Angebot immer zu einem (stabilen) Marktgleichgewicht findet.
Es ist allerdings noch einmal darauf hinzuweisen, dass hier die Annahmen des vollkommenen Marktes gelten. Dieses einfache Modell bietet damit den Ausgangspunkt für sogenannte komparativ-statische Analysen. Das bedeutet, dass hier analysiert wird, wie sich die Effekte von Änderungen nicht im Modell bestimmter Faktoren auf das Marktgleichgewicht auswirken (z. B. Einkommenserhöhungen der Wirtschaftssubjekte).
2. Cobweb-Theorem: Anpassungsprozess
Die obige Grafik veranschaulicht die Anpassungsprozesse, die erfolgen, wenn man von einem Marktgleichgewicht zu einem anderen Gleichgewicht wechselt. Die Analyse dieses Anpassungsprozesses ist als Cobweb-Theorem bekannt. Erreicht man ein neues Gleichgewicht, spricht man von einem konvergierenden Cobweb-Theorem. Im Gegensatz zu den im vorherigen Punkt dargestellten Prozessen der Markträumung handelt es sich hier um eine dynamische Analyse.
In der Grafik ist unser Ausgangsgleichgewicht der Punkt A mit einem Gleichgewichtspreis PGG und einer Gleichgewichtsmenge XGG. Durch einen Nachfrageschock erhöht sich die Nachfrage. Dies führt zu einer Verschiebung der Nachfragekurve nach oben. Bei zunächst gleichbleibendem Angebot führt dies zu einer Erhöhung der Preise (Punkt B). Höhere Preise bedeuteten einen höheren Gewinn für die Unternehmen. Deshalb erhöht sich das Angebot (Punkt C). Aufgrund der höheren Preise dürfte aber ein Teil der Konsumenten nicht mehr bereit sein, das Produkt zu erwerben. Die Nachfrage geht deshalb wieder etwas zurück. Diese Anpassungsprozesse setzen sich in immer kleinerem Ausmaß so lange fort, bis ein neues Marktgleichgewicht erreicht ist. In der Grafik ist dieses neue Gleichgewicht durch den Punkt N gekennzeichnet. Im Ergebnis haben sich der Gleichgewichtspreis und die zugehörige Gleichgewichtsmenge erhöht.
3. Ökonomische Wohlfahrt: Konsumenten- und Produzentenrente
Die bisher vorgestellten Analysemethoden in Angebots- und Nachfragediagrammen beschränkt sich auf die Erklärung grundlegender Marktprozesse. In der Volkswirtschaftslehre interessiert man sich aber auch dafür, was das Marktgleichgewicht für die Wohlfahrt bedeutet. D. h. welche Güte der Zustand hat. Um dies beurteilen zu können, benötigt man ein anderes Vorgehen. Um die ökonomische Wohlfahrt zu messen, nutzt man die sogenannte Konsumenten- und Produzentenrente.
Dies ist in der folgenden Grafik abgebildet. Man sieht, dass man auch hier wieder ein Angebots- und Nachfragediagramm nutzt. Allerdings verwendet man nun die Flächen unter den jeweiligen Kurven in Abhängigkeit des Preises, um die Wohlfahrt zu messen.
Konsumentenrente: Vorteil der Nachfrager, da ihre Zahlungsbereitschaft höher ist als der Preis, den sie aktuell zahlen müssen.
Produzentenrente: Vorteil der Anbieter, da sie einen höheren Preis anbieten, als notwendig ist, um produzieren zu können bzw. wollen.
Die Summe aus Konsumenten- und Produzentenrente bezeichnet man als sozialen Überschuss. Diesen Überschuss kann man interpretieren als Wohlfahrtssteigerung, die dadurch entstanden ist, dass das betrachtete Gut auf dem Markt angeboten und nachgefragt wird. Im Marktgleichgewicht ist die verkaufte Menge des Gutes am größten und damit auch die Fläche aus Konsumenten- und Produzentenrente bzw. der soziale Überschuss. Das Marktgleichgewicht ist damit gesamtgesellschaftlich der vorteilhafteste Zustand. Er stellt das – im gegebenen Modell- auf dem Markt erzielbare Wohlfahrtsoptimum dar.
Marktgleichgewicht und Marktformen
Bisher haben wir uns mit unseren Ausführungen zum Marktgleichgewicht auf den vollkommenen Markt beschränkt. Allerdings gibt es noch andere Marktformen. Hierzu zählen insbesondere das Oligopol und das Monopol.
Die Grafik zeigt, dass sich Märkte nach Anzahl der Anbieter und der Nachfrager in verschiedene Marktformen unterteilen lassen. Eine gängige Darstellung ist die hier verwendete Übersicht nach Stackelberg. Die Preisbildung und damit auch die Analyse des Marktgleichgewichtes unterscheidet sich zwischen den verschiedenen Marktformen. Das bisher beschriebene Marktgleichgewicht gilt für den vollkommenen Markt und kann als Ausgangspunkt für Vergleiche mit anderen Marktformen verwendet werden.
Weitere Informationen zu den Marktformen findet ihr hier: Artikel Marktformen
Polypol und monopolistische Konkurrenz
Existieren (unendliche) viele Anbieter und Nachfrager, spricht man von einem Polypol. Hier erfolgt die Preisbildung über die Wechselwirkungen zwischen Angebot und Nachfrage. Im Endeffekt entsteht hierüber das Marktgleichgewicht. Bei einem Polypol unterscheidet man zwischen den Marktbedingungen. Liegt vollkommene Konkurrenz vor, entspricht das Polypol dem bisher beschriebenen vollkommenen Markt.
Von unvollkommener oder monopolistischer Konkurrenz spricht man, wenn z. B. Produkte dermaßen differenziert sind, dass sich die Anbieter in Bezug auf die Ausprägung ihres Produktes als Monopolisten verhalten können. Ein gängiges Beispiel hierfür ist die Analyse von Automärkten mit den verschiedenen Automarken.
Monopol
Ein Monopol ist durch nur einen einzigen Anbieter gekennzeichnet. Generell kann man sagen, dass die Preisbildung mit abnehmender Anzahl von Anbietern (aber auch von Nachfragern) immer schwieriger wird. Bei einem Monopol bestimmt allein der Anbieter über die Höhe des Preises. Er nimmt die Nachfragefunktion als gegeben an und versucht über seine Preissetzung den Gewinn zu maximieren. Dieses Gewinnmaximum bezeichnet man als Cournot´schen Punkt. Das Marktgleichgewicht in einem Monopol liegt damit im Schnittpunkt der Grenzkosten- und Grenzerlöskurve des Monopolisten. Dieser Punkt liegt unterhalb des Erlösmaximums des Monopolisten.
Mehr Informationen findet ihr hier: Artikel Cournot´scher Punkt
Oligopol
Bei einem Oligopol gibt es nur wenige Anbieter, aber viele Nachfrager. Der Gewinn eines Unternehmens hängt damit vom Verhalten der Wettbewerber ab. Der Kern der Preisbildungstheorie von Oligopolen besteht daher darin, abzuschätzen, wie die Reaktion der (wenigen) Wettbewerber auf Preis- oder Mengenänderungen ausfällt. Und wie sich diese Anpassungen dann auf das Marktgleichgewicht auswirken. Oftmals werden hier auch spieltheoretische Modelle verwendet.