Marktversagen liegt vor, wenn es dem Markt nicht gelingt, seine Ressourcen effizient zuzuteilen. Insofern bedeutet Marktversagen nicht, dass der Markt „versagt“ hat, sondern dass die Preisbildung über Angebot und Nachfrage nicht optimal funktioniert. Die Theorie des Marktversagens ist ein Konzept der neoklassischen Volkswirtschaftslehre.
Was ist Marktversagen?
In der freien (und auch sozialen) Marktwirtschaft regelt der Markt, wie Güter verteilt werden. Dies geschieht über das Aufeinandertreffen der Marktteilnehmer, die miteinander handeln. Jeder Marktteilnehmer verfolgt dabei seine Eigeninteressen und versucht das für sich beste Ergebnis zu erzielen. Es wird deshalb solange miteinander gehandelt bzw. nach besseren Angeboten oder niedrigeren Preisen gesucht, wie man seinen Nutzen nicht mehr steigern kann. Dieses Prinzip gilt für alle Teilmärkte in einer Volkswirtschaft. Und für die Angebots- und Nachfrageseite.
Deshalb ermöglicht der freie Markt im Normalfall die effizienteste Verteilung der Güter in einer Volkswirtschaft. Da jeder Teilnehmer seinen Nutzen maximiert.
Der Markt erreicht dieses effiziente Ergebnis aber nur wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind:
1. Vollständige Konkurrenz
2. Ausschließbarkeit vom Konsum
3. Universalität
4. Marktergebnis ist nur für Anbieter und Nachfrager relevant
5. Handelbarkeit
6. Keine Informationsungleichheit
Sind eine oder mehrere dieser Annahmen verletzt kann der Markt nicht mehr effizient funktionieren. D.h. es wird evtl zuviel oder zu wenig von einem Gut produziert, da aufgrund der Unvollkommenheit nicht die „wahre“ Nachfrage erkannt wird. In diesem Fall spricht man von Marktversagen.
Formen von Marktversagen
In der Volkswirtschaftslehre trennt man zwischen drei Formen von Marktversagen. Die geläufigen Formen zählen zum allokativen Marktversagen und führen zu Staatseingriffen.
Allokatives Marktversagen
1. Öffentliche Güter
2. Marktmacht
3. Externe Effekte
Bei diesen drei Arten liegt allokatives Marktversagen vor. Im neoklassischen Modell können hier die Marktkräfte nicht mehr effizient reagieren. Wodurch ein Staatseingriff theoretisch gerechtfertigt wird.
Distributives Marktversagen
Informationsasymmetrien, adverse selektion, moral hazard stellen die bekanntesten Ausprägungen da.
Es liegt vor, wenn das Ergebnis des Marktprozesses nicht mit den Vorstellungen darüber übereinstimmt, was in einem normativen Sinne fair und richtig ist. Kritisiert wird an dieser Form, dass der Markt nicht für eine gerechte Verteilung in Anspruch genommen werden und in dieser Hinsicht daher auch nicht versagen könne.
Konjunkturelles Marktversagen
Diese Art von Marktversagen zählt zum Bereich der Makroökonomik und ist eher kurzfristiger Natur.
Konjunkturelles Marktversagen kann daher in folgenden Bereichen auftreten:
1. konkunkturelle Instabilität
2. Wirtschaftswachstum und Strukturwandel
3. qualitatives Wachstum
Ein Grund für das Auftreten von konjunkturellem Marktversagen liegt in den vielen Teilmärkten einer Volkswirtschaft. Wenn z. B. die Güter- und Geldmärkte im Gleichgewicht sind, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass auch der Arbeitsmarkt im Gleichgewicht ist.
Im Rahmen der Geld- und Fiskalpolitik greift der Staat in das Marktgeschehen ein und löst das konjunkturelle Marktversagen auf.
Asymmetrische Informationen und Marktversagen
Eine Ursache von Marktversagen kann asymmetrische Informationsverteilung sein. Sie entsteht aus mangelhafter Kommunikation zwischen zwei Vertragspartnern, also Anbietern und Käufern.
Wenn die potenziellen Käufer eine Reihe von angebotenen Gütern begutachten, die von unterschiedlichen Herstellern zu unterschiedlichen Preisen angeboten werden, wissen sie oftmals nicht Bescheid über die Qualität der Ware oder glauben, dass die Käufer ihnen wichtige Informationen vorenthalten.
Aus diesem Grund kaufen die Käufer meist die billigsten Modelle, weil sie befürchten, bei teureren Exemplaren mit möglichen Mängeln am Ende ein verlustreiches Geschäft gemacht zu haben.
Folge: Die besseren, teureren Anbieter werden vom Markt gedrängt, das Angebot wird eingeschränkt und verschlechtert.
Öffentliche Güter und Marktversagen
Zu öffentlichen Gütern zählt alles, was für den Bürger umsonst verfügbar ist, da es vom Staat finanziert wird. Dazu zählen zum Beispiel die Straßenbeleuchtung, die Verkehrswege, die Post, der Polizeischutz und der Zugang zu Bildung. Das ist nicht in jedem Land selbstverständlich, für Bildung an der Universität etwa muss man in den USA oft selbst bezahlen.
Das Problem ist, dass die Bereitstellung solcher Güter nicht durch die Marktgesetze reguliert und daher anfällig für Ineffizienz ist. Zum Beispiel ist Straßenbeleuchtung nur in bewohnten Straßen sinnvoll. Doch wer wird die Beleuchtung abmelden wollen, wenn auch vorher dafür nichts bezahlt werden musste?
Es herrscht deswegen keine effiziente Allokation von Gütern. Hinzu kommt, dass private Anbieter von Gütern dieser Art nicht wirklich Fuß im Markt fassen können, wenn die staatliche Konkurrenz das Gut kostenlos anbietet.
Zum Beispiel hätten private Sicherheitsdienste wesentlich bessere Perspektiven, wenn die staatliche Polizei beim flächendeckenden Schutz ihrer Bürger permanent versagen würde.
Externe Effekte und Marktversagen
Wenn beim Handel zwischen zwei Marktteilnehmern Nebeneffekte oder -produkte entstehen, die Dritte belasten, jedoch von den aktiven Verursachern nicht mit einberechnet oder ignoriert werden, kann ein Marktversagen durch externe Effekte auftreten.
Ein sehr anschauliches Beispiel ist die Umweltverschmutzung, konkret entstehen zum Beispiel durch eine Fabrik schädliche Abfälle, die die Gegend kontaminieren, Anwohner werden dadurch klar benachteiligt. Die Zuteilung der Güter ist nicht mehr effizient oder gerecht, da die Bewohner der betroffenen Gebiete nicht entschädigt werden.
Marktmacht und Marktversagen
Es liegt in Natur des freien Marktes (und des Menschen), dass man als einzelnes Individuum bzw. als einzelnes Unternehmen im Markt möglichst ohne Konkurrenz arbeiten und Gewinn erwirtschaften will. So sehr der Wettbewerb auch den Markt ankurbelt und letztendlich zum Wohlstand aller beitragen kann, aus individueller Sicht möchten Unternehmer gerne diesen Konkurrenzkampf nach Möglichkeiten einschränken.
Dass es solche Möglichkeiten gibt, ist kein Geheimnis: alleinige Preisbestimmung durch das Monopol, Preisabsprachen durch Kartelle, Unterdrückung ausländischer Wettbewerbsteilnehmer durch Einfuhrzölle und mehr.
Für den Markt hat ein solches Verhalten zur Folge, dass weniger Waren und Dienstleistungen zu höheren Preisen angeboten werden, was die Kaufkraft der Bevölkerung schwächt und ihren Wohlstand verringert.
Maßnahmen gegen Marktversagen
Sie werden auch als Internalisierungsinstrumente bezeichnet. Die vorhandenen Maßnahmen zielen darauf ab, dass dem Versucher ein Anreiz gegeben wird, die sozialen Effekte in sein Entscheidungskalkül mit einzubeziehen. Man unterscheidet zwischen privaten und staatlichen Maßnahmen gegen Marktversagen.
1. Private Internalisierungsansätze
- Gesellschaftliche Normen
- Hilfsbereitschaft
- Persönliches Verantwortungsbewusstsein
- Eigeninteresse
- Vertragliche Regelungen
Das Coase-Theorem erklärt, wie diese vertraglichen Lösungen funktionieren. Allerdings gibt es eine Vielzahl von Hindernissen, weshalb private Lösungen nicht immer funktionieren. Transaktionskosten, Verhandlungs- und Koordinierungsschwierigkeiten sind einige Gründe.
2. Staatliche Internalisierungsmaßnahmen
1. Ordnungspolitische Regulierungen
2. Marktbasierte Maßnahmen
Marktversagen als Rechtfertigung staatlicher Eingriffe?!
In einer sozialen Marktwirtschaft nimmt der Staat die Rolle eines passiven Beobachters ein, der lediglich die gesetzlichen Rahmenbedingungen für den Markt übernimmt und sich für die Freiheit aller Teilnehmer verbürgt. Aber seit Beginn der modernen Marktwirtschaft kam es immer wieder zu periodisch auftretenden Wirtschaftsdepressionen als auch handfesten Krisen, die ein staatliches Eingreifen dringend erforderlich machten.
Ökonomen wie John M. Keynes (Keynesianismus) vertraten die Auffassung, der Staat müsse in Krisenzeiten durch gezielte Subventionen und andere finanzielle Zuwendungen die Wirtschaft unterstützen, selbst wenn das eine zeitweilige Überschuldung des Staates zufolge hätte.
Tatsächlich handeln Regierungen bis heute so, dass sie bei Marktversagen und Ineffizienz intervenierend eingreifen. Ein weiterer oft akzeptierter staatlicher Eingriff ist die Umverteilung zwischen Armen und Reichen.
Staatliche Eingriffe in die Wirtschaft sind jedoch auch stets Gegenstand fachlicher Kritik, da bei einer aktiven Allokation der Marktgüter durch den Staat die Pareto-Effizienz quasi abgestellt ist, d.h. ohne Selbstregulation des Marktes wird eine Verbesserung an einer Stelle nur zu einer Verschlechterung der Lage woanders führen.
Auch wird oft eine umständliche Bürokratie befürchtet, die auf lange Sicht die Situation am Markt noch verschlechtert haben könnte.