Aktualisiert: 2. März 2023

Regionale Wirtschaftsintegration: Welche Form hat die EU?

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Die Formen der regionalen Wirtschaftsintegration sind vielfältig: Die Europäische Union ist hierfür das bekannteste und am weitesten fortgeschrittene Beispiel.

Die EFTA, NAFTA oder auch das gerade abgeschlossene Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada (CETA) sind Formen regionaler Integration.

An diesen Beispielen lässt sich die Vielfalt der Integrationsformen erkennen. Und auch, das es sowohl Vorteile als auch Nachteile bei den verschiedenen Formen gibt. Denn sonst würden nicht so viele verschiedene Abkommen unterschiedlicher Intensität nebeneinander existieren.

Was ist (regionale) Wirtschaftsintegration?

Der Begriff wirtschaftliche Integration –oder auch Marktintegration- kann auf drei Arten definiert werden:

1. Integration als Prozess

Marktintegration ist ein Prozess, der mehrere einzelne Märkte zu einem größeren Markt zusammenführt. Z.B. den deutschen und französischen Stahlmarkt zum „europäischen Stahlmarkt“ im Rahmen der EKGS.

2. Integration als Zustand

Der Begriff beschreibt auch das Ausmaß, in dem diese Einheit hergestellt wird. Es wird also die „Tiefe“ der Integration gemessen. Dies geschieht in erster Linie über die verschiedenen Stufen der Integration.

3. Integration als Ziel

Im Rahmen der verschiedenen Stufen der Integration wird Integration auch als Ziel verstanden: Ein Zustand, den man z.B. mit einer Zollunion herstellen möchte.

In der Ökonomie beschreibt der Begriff Wirtschaftsintegration einen wirtschaftlichen Zusammenschluss mehrerer Länder zur Förderung des zwischenstaatlichen Wirtschaftsverkehrs.

Obwohl Wirtschaftsintegration sowohl global als auch regional stattfinden kann, wird unter dem Begriff Wirtschaftsintegration nach dieser Definition in erster Linie regionale Wirtschaftsintegration verstanden.

Je nach Ausmaß und Intensität der Integration kann zwischen verschiedenen Stufen unterschieden werden.

Marktintegration vs. Funktionelle Integration

Generell geschieht regionale Marktintegration auf zwei Arten:

Zum einen über eine Förderung des Handels. Zum anderen über die grenzüberscheitende Harmonisierung und Angleichung von Regeln.

Die erste Form wird als Marktintegration bzw. Funktionelle Integration oder auch negative Integration bezeichnet.

Die zweite Form wird als institutionelle Integration, supranationale Integration oder auch positive Integration verstanden.

Kennzeichen der Marktintegration ist die Öffnung der nationalen Märkte gegenüber den Märkten der Partnerstaaten.

Integration erfolgt hier im Rahmen von Liberalisierung und Deregulierung der Märkte. Der gemeinsame Wirtschaftsraum erfolgt hier nur über Marktprozesse.

Marktintegration erfolgt somit auf in der Regel auf „freiwilliger Basis“ von unten.

Institutionelle Integration erfolgt dagegen „von oben“.

Integration wird als politisches Ziel betrachtet. Sie wird durch die Übertragung von Kompetenzen an supranationale Institutionen durchgeführt. Kennzeichen sind hier Zentralisierung und gemeinsame Regulierungen.

Beide Integrationsformen haben ihre Vorteile und Nachteile. So sind z.B. in der EU beide Integrationsformen anzutreffen. Letztlich liegt es an den beteiligten Akteuren und ihren Vorstellungen welche Form vorwiegend angewendet wird. Allerdings ist es aber so, das mit zunehmenden Fortschreiten der Integration die Institutionelle Integration zunimmt. Die Marktintegration ist hauptsächlich am Anfang des Integrationsprozesses anzutreffen.

Ziele der Wirtschaftsintegration

Länder verfolgen mit Wirtschaftsintegration zwei Ziele: Erstens, wirtschaftliche Ziele. Zweitens, politische Ziele.

Obwohl in der Kosten-Nutzen Bewertung von Wirtschaftsintegration die Wirtschaftlichen Ziele in der Öffentlichkeit dominieren, sollten auch die nicht-wirtschaftlichen Ziele vernachlässigt werden. Denn sie stellen die Grundlage dafür da, dass die wirtschaftlichen Ziele realisiert werden können.

Allerdings kann (und sollte) darüber debattiert werden, welche Art von regionaler Wirtschaftsintegration notwendig ist, um beide Zielarten zu verwirklichen.

1. Wirtschaftliche Ziele:

Die Teilnahme an regionaler Wirtschaftsintegration soll das Wirtschaftswachstum basierend auf internationaler Arbeitsteilung fördern. Als Begründung steht hierbei die Außenhandelstheorie aus der Volkswirtschaftslehre. Insbesondere die Theorie der komparativen Kostenvorteile von David Ricardo ist hier zu nennen. De fakto erklärt diese Theorie, wieso sich Freihandel für ALLE teilnehmenden Länder lohnt.

Nach der Theorie des komparativen Kostenvorteils konzentrieren sich die Staaten auf die Produktion derjenigen Produkt, bei deren Herstellung sie relativ gesehen einen Kostenvorteil haben (relativ nicht unbedingt absolut!). Im Gegenzug importieren sie diejenigen Produkte, bei deren Herstellung sie relativ gesehen den größten Nachteil haben. Im Zuge dieser gegenseitigen Produktionsspezialisierung profitieren alle Teilnehmerländer vom Freihandel.

Zudem beeinflussen Handelshemmnisse das Wirtschaftswachstum negativ und verringern die Effizient einer Volkswirtschaft, da Ressourcen ineffizient genutzt werden. Denn durch die Handelshemmnisse ist die vollständige Realisierung des Ricardo-Ansatzes nicht möglich.

2. Nicht-wirtschaftliche Ziele:

Im Mittelpunkt steht hier die Sicherung des (internationalen) Friedens. Welche Form regionaler Wirtschaftsintegration hierfür aber notwendig ist, kann (und sollte) debattiert werden.

Beim europäischen Integrationsprozess war das Friedensmotiv sehr stark ausgeprägt. Doch kann hier auch gesehen werden, wie die Realisierung eines solchen Zieles durch negative Begleiterscheinungen im Integrationsprozess in Vergessenheit geraten kann.

Stufen der Wirtschaftsintegration

Die nachfolgend vorgestellten Formen der Wirtschaftsintegration sind nicht vollständig. Je nach Betrachtungsweise und Ziel kann die Liste um weitere Formen ergänzt werden oder einige Formen ausgelassen.

Als bekannteste Formen können die folgenden Stufen bezeichnet werden:

Markt-

integration

  • Präferenzzone
  • Handelsabkommen/Handelszone
  • ​Zollunion
  • Gemeinsamer Markt/Binnenmarkt

Institutionelle Integration

  • Gemeinsame Marktordnung
  • Wirtschaftsunion
  • ​Währungsunion
  • Wirtschafts- und Währungsunion
  • (Politische Union)

Bei den Stufen der regionalen Wirtschaftsintegration muss beachtet werden, dass sie keinen linearen Prozess abbilden. Es können Formen übersprungen werden oder verschiedene Formen gleichzeitig ablaufen.

1. Präferenzzone

Die Präferenzzone ist die schwächste Form der regionalen Integration. Sie kann eigentlich nur als handelspolitische Vereinbarung bezeichnet werden.

In einer Präferenzzone werden die Handelsbedingungen gegenüber einzelnen Handelspartnern differenziert.

Zwischen den Handelspartnern werden Zölle und andere handelsbeschränkende Maßnahmen für bestimmte Produkte abgebaut. Dieser Abbau kann vollständig, teilweise oder auch einseitig (d.h. nur von einem Partner!) erfolgen.

Eine Präferenzzone kann somit als vertraglich geregelte Vorzugsbehandlung eines Landes beschrieben werden.

Somit unterscheidet sich eine Präferenzzone von einem Handelsabkommen:

Es wird kein genereller Freihandel zwischen beiden Partnern erreicht. Beispiele für eine Freihandelszone (im englischen: Preferential Trade Agreement (PTA)) sind z.B. die AKP-Abkommen der EU mit Staaten in Afrika, der Karibik und im Pazifik. Auch das Präferenzsystem des Commonwealth fällt hierunter.

2. Freihandelsabkommen und Freihandelszone

Gemeinhin wird ein Freihandelsabkommen als schwächste Form der regionalen Wirtschaftsintegration bezeichnet. Hier rechnet man grundsätzlich nur mit geminderten Zöllen für die Waren aus den Mitgliedsländern, obwohl die Zölle selbst nicht komplett abgeschafft werden.

D.h. das Handelsabkommen bezieht sich nur auf tarifäre und nicht auf nichttarifäre Handelshemmnisse. Diese Stufe gilt als fast wirkungslos. Sie wird deswegen oft ausgeklammert und synonym mit der Folgevereinbarung verwendet, der Freihandelszone.

Generell ist auch der Unterschied zwischen einer Präferenzzone und einem Freihandelsabkommen nicht eindeutig. Da beide Formen Vorstufen für eine Freihandelszone bilden. Zudem stellt eine Präferenzzone auch ein Handelsabkommen dar.

Wir verstehen eine Präferenzzone als eine Vorstufe für ein Handelsabkommen, da Präferenzzonen in der Praxis oft nur für bestimmte Länder(gruppen) eingerichtet werden.

Eine Freihandelszone entsteht aus mehreren Freihandelsabkommen:

Hier werden alle Zölle oder sonstigen Handelshemmnisse zwischen den Partnern vollständig abgebaut.

Wichtig ist hier zu beachten, dass dieser Abbau von Handelshemmnissen nur zwischen den Partnern stattfindet. Alle anderen Länder werden als Drittländer behandelt. D.h. gegen sie können Zölle und andere Handelsbeschränkungen anfallen.

Ein weiteres Merkmal einer Freihandelszone ist, dass es keinen gemeinsamen Außenzoll gegen diese Drittländer gibt. D.h. jedes Mitglied der Freihandelszone kann eigene Handelsbeschränkungen erheben.

Diese Eigenschaft führt zu drei Problemen:

1. Die unterschiedlichen Außenzölle führen zu einem strategischen Verhalten von Anbietern aus Drittländern:

Ein Unternehmen aus dem Drittland wird die Freihandelszone über das Land betreten, das die geringsten Handelshemmnisse aufweist.

2. Als Folge hiervon werden die anderen Länder der Freihandelszone verlangen, das Handel innerhalb der Zone durch Ursprungszertifikate belegt werden müssen. Denn sie wollen verhindern, das ihre eigenen Zölle umgangen werden, wodurch sie auf Zolleinnahmen verzichten.

Diese Ursprungszertifikate führen allerdings zu hohen administrativen Kosten. Und zu Kosten bei der Kontrolle an den Grenzübergängen.

3. Unklar ist zudem immer, wie ein Gut zu handeln ist, das zwar innerhalb der Freihandelszone hergestellt wurde. Für dessen Produktion aber Vorprodukte aus Drittländern importiert wurden.

Hier müsste der Wertschöpfungsanteil der Freihandelszone ermittelt werden und nur der würde zollfrei bleiben.

In Zeiten der Globalisierung 2.0 hat die grenzüberschreitende Arbeitsteilung im Produktionsprozess drastisch zugenommen. So entstehen hier nicht zu vernachlässigende Kosten.

Beispiele für eine Freihandelszone sind die Europäische Freihandelszone (EFTA) oder die Nordamerikanische Freihandelszone (NAFTA).

3. Zollunion

Eine Zollunion ist eine Erweiterung einer Freihandelszone. Es gelten alle Regeln einer Freihandelszone. Jedoch existieren hier keine unterschiedlich hohen Außenzölle mehr.

Das Kennzeichen einer Zollunion – der gemeinsam Außenzolltarif gegenüber Drittländern- führt allerdings zu einigen Änderungen in den vorhergegangen Regeln einer Freihandelszone:

Der einheitliche Außenzoll darf nicht höher sein als der bisherige Durchschnitt der Außenzölle der Mitgliedstaaten. Diese Regelung kann in der Praxis dazu führen, dass einige Länder einen höheren Außenzoll haben als vorher während andere Länder eine Zollsenkung erfahren.

Eine Zollunion ist damit durch die folgenden Eigenschaften gekennzeichnet:

1. Der Wegfall aller Zölle zwischen den Mitgliedsstaaten.

Das bedeutet, dass eine Zollunion auch immer eine Freihandelszone ist.

2. Einen gemeinsamen Außenzolltarif gegenüber Drittländern

3. Die Verteilung der Zolleinnahmen zwischen den Mitgliedsstaaten gemäß einem vereinbarten Schlüssel.

Die Punkte 2 und 3 implizieren, dass hierdurch auch in gewissem Maße eine politische Integration zwischen den Teilnehmerländern stattfindet. Denn über den gemeinsamen Außenzoll verfolgen sie nun eine gemeinsame Handelspolitik gegenüber Drittstaaten.

Die Einführung eines gemeinsamen Außenzolles hat aber noch zwei weitere Effekte, die darüber Aufschluss geben, ob eine Zollunion positiv oder negativ ist.

Die Bildung einer Zollunion ist –im Gegensatz zur Freihandelszone- mit Handelsschaffenden und handelsumlenkenden Effekten verbunden:

Handelsschaffende Effekte:

Wie bei der Freihandelszone entsteht auch hier durch den Abbau von Zöllen und anderen Hindernissen ein positiver Effekt auf den Handel zwischen den Mitgliedern.

Handelsumlenkende Effekte:

Zur Handelsumlenkung kommt es, dass Drittländer beim Handel gegenüber Ländern innerhalb der Zollunion benachteiligt werden. Unternehmen innerhalb der Zollunion können ohne den Zoll ihre Güter preislich günstiger anbieten als Unternehmen aus Drittländern, deren Produkte vielleicht besser sind.

Eine Zollunion ist deshalb nur dann wirtschaftlich effizient, wenn die Handelsschaffung höher ausfällt als die Effekte der Handelsumlenkung.

Ein Beispiel für eine Zollunion ist die Europäische Union. Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft hatte sich 1968 zu einer Zollunion weiterentwickelt.

4. Gemeinsamer Markt -> Binnenmarkt

Der gemeinsame Markt ist die logische Vertiefung der Zollunion. Ein Markt besteht immer aus zwei Dimensionen:

1. Die „Inputseite“

Hierunter versteht man die Anbieter in einem Markt. Sie stellen die Güter und Dienstleistungen her.

2. Die „Outputseite“

Die zweite Seite eines Marktes ist durch die Abnehmer oder auch die Konsumenten gekennzeichnet. Wie funktioniert der Markt, damit die Erzeugnisse problemlos beim Anbieter ankommen?

Ein gemeinsamer Markt muss daher sicherstellen, dass beide Seiten des Marktes grenzüberschreitend problemlos funktionieren:

Auf der Inputseite bedeutet dies, dass sich Kapital und Arbeitskräfte im gesamten Gebiet ohne Restriktionen bewegen können. In der EU ist dies durch die Niederlassungsfreiheit für Unternehmen und die Freizügigkeit für Arbeitskräfte (zumindest in der Theorie) realisiert.

Damit die grenzüberschreitende Wanderung von Kapital und Arbeitskräften funktionieren kann bzw. für die Teilnehmer attraktiv ist, ist zudem eine gewisse Angleichung der Wettbewerbsbedingungen notwendig.

Dies kann bedeuteten, dass die Teilnehmerländer sich in ihrer Wettbewerbs- und Steuerpolitik oder auch Sozialpolitik annähern.

Von daher sind gewisse Kompetenzübertragungen in diesen Politikbereichen der Mitgliedstaaten an eine übergeordnete Institution sinnvoll. Wie es etwa bei der EU der Fall ist. Schwierig ist allerdings immer die Entscheidung, wie viele Kompetenzen abgegeben werden müssen, um einen Binnenmarkt zu realisieren: vollständig, wenig, kaum?

Auf der Outputseite werden die sogenannten nicht-tarifären Handelshemmnisse abgebaut.

Hierunter sind unterschiedliche Normen und Gesetze zwischen den Mitgliedstaaten zu verstehen. Diese verhindern neben den bereits abgebauten Zöllen ebenfalls einen problemlosen Handel.

In den späten 80er Jahren führte dieser Angleichungsprozess zu einer „Regulierungswut“ der Europäischen Kommission als der Europäische Binnenmarkt realisiert werden sollte. Zeichen dieser Zeit „Die EU beschäftigt sich mit der Krümmung von Gurken“ sind hierauf zurückzuführen. Gelöst und damit beendet wurde diese hemmende Regulierungswut durch das „Prinzip der gegenseitigen Anerkennung“: Jedes Produkt, das in einem Mitgliedsstaat verkauft wurde, musste auch in jedem anderen Mitgliedstaat verkauft werden.

5. Gemeinsame Marktordnung

Die gemeinsame Marktordnung stellt „die kleinste Stufe“ der institutionellen Integration dar. Ähnlich wie bei den Präferenzabkommen –Liberalisierungen für bestimmte Güter- werden hier für bestimmte Wirtschaftsbereiche einheitliche ökonomische Rahmenbedingungen geschaffen. Als Beispiele können hierfür der EU-Agrarmarkt oder der Energiemarkt genannt werden.

Im Gegensatz zur wirtschaftlich basierten Integration beim Binnenmarkt bedeutet eine gemeinsame Marktordnung nicht nur einheitliche Wettbewerbsbedingungen sondern in der Regel auch supranationale Regelungen. Etwa durch Preisfestsetzungen, Mengenregulierungen oder Abnahmegarantien. Prominentestes Beispiel ist hierfür wieder der EU-Agrarmarkt, der all diese Instrumente beinhaltet.

Dass diese Form der regionalen Integration parallel zu den bereits vorgestellten negativen Marktintegrationsformen ablaufen kann, zeigt das Beispiel der EU:

Bevor es mit den Verträgen von Rom überhaupt zur EWG kam war bereits die EKGS erprobt wurden. Bei der Gemeinschaft für Kohle und Stahl handelt es sich de fakto um eine gemeinsame Marktordnung. Denn der damals sehr wichtige Industriezweig wurde vergemeinschaftet und unter eine übergeordnete Behörde gestellt.

6. Wirtschaftsunion

Eine Wirtschaftsunion ist die Folge eines gemeinsamen Marktes.

Um die Funktionsfähigkeit des gemeinsamen Marktes zu gewährleisten, müssen bestimmte Politikbereiche zwischen den Mitgliedern angeglichen werden.

Hierunter versteht man dann die Wirtschaftsunion: Es werden sektorale Wirtschaftspolitiken koordiniert oder vereinheitlicht.

Ob koordiniert oder vereinheitlicht wird, hängt von den Präferenzen der Mitgliedsstaaten ab. Und auch welche Politikbereiche in eine Wirtschaftsunion mit aufgenommen werden müssen und in welchem Umfang.

Konsens herrscht dagegen darin, dass bestimmte Bereiche der Ordnungspolitik, wie Wettbewerbs- oder Sozialpolitik, der Strukturpolitik, wie die Verkehrs- und Industriepolitik, und die Prozesspolitik nötig sind, damit ein Binnenmarkt realisiert werden kann.

Die Wirtschaftsunion ist damit verbunden mit der Schaffung supranationaler Institutionen mit eigenen Kompetenzen, sodass nationales Recht zunehmend durch supranationales Recht abgelöst wird. Dies ist bei einer gemeinsamen Marktordnung in dem Umfang nicht nötig gewesen. Die Wirtschaftsunion ist somit nicht nur Folge des gemeinsamen Marktes sondern durch sie wird auch ein einheitlicher Binnenmarkt erst geschaffen.

7. Währungsunion

Eine Währungsunion bezeichnet mehrere Länder, die eine einheitliche gemeinsame Geld- und Währungspolitik betreiben.

Eine Währungsunion kann aufbauend auf einer Wirtschaftsunion erfolgen oder unabhängig von ihr.

Als Form regionaler Integration kann man zwischen zwei „Stufen“ der Währungsunion unterscheiden:

1. Stufe Währungsunion: „unechte Währungsunion“

Zwischen den Teilnahmeländern wird eine gemeinsame Währungspolitik verfolgt. Dies bedeutet unwiderruflich feste Wechselkurse zwischen den Teilnehmern und absolut freie Konvertabilität.

2. Stufe Währungsunion: „echte Währungsintegration“

Diese Stufe ist durch die Einführung einer einheitlichen Währung gekennzeichnet.

Obwohl dieser Schritt meist eine Folge von Stufe 1 ist, macht eine Differenzierung Sinn. Denn dies zeigt, dass eine Währungsunion auch bereits ohne eine gemeinsame Währung –als Symbol- möglich ist.

Dennoch ist eine gemeinsame Währung mehr als ein Symbol, wie insbesondere der Euro zeigt:

Die Einführung des Euro beinhaltete auch die Schaffung einer gemeinsamen Zentralbank, der Europäischen Zentralbank (EZB).

Dies bedeutete, dass die teilnehmenden Länder auf die Möglichkeit einer eigenständigen Geldpolitik verzichteten. Dieses Recht wurde an die übergeordnete Ebene an die EZB übertragen.

Die Einführung des Euro ist somit eine „echte Währungsunion“ während die erste Stufe eine „Pseudowährungsunion“ darstellt. Denn hier werden zwar die nationalen Geldpolitiken koordiniert, aber die nationalen Zentralbanken können dennoch eine eigenständige Geldpolitik durchführen.

8. Wirtschafts- und Währungsunion

Die Verknüpfung der Wirtschaftsunion und der Währungsunion (WuW) führt zur sogenannten Wirtschafts- und Währungsunion.

Sie ist die engste Form regionaler Wirtschaftsintegration zwischen eigenständigen Staaten. Die Teilnehmerländer verschmelzen zu einem einheitlichen Wirtschaftsgebiet.

Die obigen Ausführungen zeigen aber, dass auch eine WuW sehr unterschiedliche Ausprägungen haben kann. Zwar ist definitiv der gemeinsame Binnenmarkt eine Kernvoraussetzung sowie eine gemeinsame Währungspolitik.

Ob aber auch eine gemeinsame Währung erfolgt und wie die Wirtschaftsunion ausgestaltet ist, obliegt den Mitgliedsstaaten.

Die Europäische Union ist momentan das einzig existierende Beispiel für eine Wirtschafts- und Währungsunion. Und auch hier zeigt sich –nicht zuletzt durch die Folgen der Wirtschafts- und Eurokrise-, das diese WuW (noch) nicht vollständig realisiert wurde.

9. Politische Union

Die Politische Union stellt zwar keine Form der wirtschaftlichen regionalen Integration dar. Doch kann sie als stärkste Form der positiven Integration angesehen werden.

In dieser Integrationsform verfügen die Teilnehmerländer über eine gemeinsame Verfassung. Sie beinhaltet eine Vergemeinschaftung der wichtigsten politischen Felder wie der Außen-, Verteidigungs-, Währungs-, und Außenhandelspolitik.

Obwohl es z.B. in der EU bereits mit dem Vertrag von Maastricht und anschließend mit dem Vertrag von Lissabon Ansätze zu einer politischen Union gegeben hat, kann man eine politische Union auch hier noch als Utopie bezeichnen.

Regionale Wirtschaftsintegration: Die Europäische Union

Die Europäische Union ist das bekannteste Beispiel für regionale Wirtschaftsintegration. Denn obwohl es für Handelsabkommen und auch Zollunionen zahlreiche andere Beispiele gibt, hört hier oftmals der Integrationswille der jeweiligen Mitgliedsstaaten auf.

Denn schon ein Binnenmarkt wird durch eine Wirtschaftsunion begleitet. Und dies beinhaltet eine Abgabe von Kompetenzen. Oder zumindest die Notwendigkeit von zwischenstaatlichen Verhandlungen und Kompromissbereitschaft.

Am Beispiel der Europäischen Union können daher die Vorteile- und auch die Nachteile der existierenden Formen regionaler Wirtschaftsintegration studiert und Verbesserungen abgeleitet werden.

Denn auch hier ist erkennbar, dass bereits der europäische Binnenmarkt –trotz aller Bemühungen- noch nicht vollständig realisiert ist. So dürfen z.B. Treibstoffe, Alkoholwaren oder Kaffee nur begrenzt über die Grenzen transportiert werden.

Und es zeigt sich, dass negative Wirtschaftsintegration ab einem bestimmten Punkt immer mit positiver bzw. politischer Integration einhergehen (muss).

Insbesondere momentan, wo sehr stark auf die wirtschaftlichen Ziele bei regionaler Wirtschaftsintegration geschaut wird. Die Gefahren für deren Realisierung aber aus der Nicht-Beachtung der Nicht-Wirtschaftlichen Ziele stammen: Flüchtlingskrise, Terrorismus um nur die zwei größten Herausforderungen zu nennen.

Von daher bleibt zu hoffen, dass die politische Integration die Wirtschaftsintegration wieder einholt. Oder zumindest realisierbare und vermittelbare Lösungsvorschläge und Kompromissbereitschaft in den relevanten Institutionen und Personen Einzug halten.

Über die Autorin: 

Nadine Behncke

Promovierte Volkswirtin und überzeugte Europäerin. Ihre Schwerpunkte sind die Entwicklung und Herausforderungen der EU mit ihren Auswirkungen und Folgen auf Deutschland und seine Bevölkerung. Sie schreibt auf Think About zu Politik, Wirtschaft & Geschichte in Europa, um Wissen zu vermehren und zur Diskussion beizutragen.


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