Aktualisiert: 28. Februar 2023

Hyperinflation: Definition, Ursachen und Folgen

Lesezeit:  Minuten

In Deutschland sind die Erfahrungen aus der Hyperinflation das Hauptargument für das wirtschaftspolitische Ziel der Preisniveaustabilität. In diesem Artikel geben wir euch einen Überblick zu Definition, Ursachen und Kosten einer Hyperinflation.

Definition

Hyperinflation:

Geldentwertung, bei der die Inflationsrate monatlich über 50% beträgt.

Dies entspricht einer täglichen Steigerung von etwas mehr als 1 Prozent. Betrachtet man den über den Zeitablauf insgesamt entstehenden Effekt, bewirkt diese Rate eine sehr starke Erhöhung des durchschnittlichen Preisniveaus.

Eine monatliche Inflationsrate von über 50 % bedeutet einen mehr als hundertfachen Anstieg des Preisniveaus in einem Jahr. Demzufolge steigt auch die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes bei einer Hyperinflation stark an, denn jeder Verbraucher möchte sein Geld nun so schnell wie möglich ausgeben. Bei einer Hyperinflation hat das Geld seine Funktion als Wertaufbewahrungsmittel und Recheneinheit damit definitiv verloren. Oder sie ist nur noch sehr eingeschränkt vorhanden.

Ursachen der Hyperinflation

Eine Hyperinflation hat in der Regel zwei Ursachen:

  • Zu hohe Staatsschulden
  • Ausweitung der Geldmenge

Eine Hyperinflation entsteht damit nicht durch eine der drei klassischen Inflationsursachen. Oftmals ist eine Hyperinflation das Ergebnis von Krisen, z.B. nach Kriegen.

Im Prinzip nimmt eine Hyperinflation darin ihren Anfang, dass ein Staat nicht genügend Steuereinnahmen hat um seine Ausgaben zu finanzieren. Selbst wenn er eine Zeitlang über eine Erhöhung der Verschuldung seine Ausgaben finanziert, verliert er irgendwann seine Kreditwürdigkeit.

In dieser Situation bleibt dem Staat nur noch ein Instrument, um sein Defizit decken zu können: eine Ausweitung der Geldmenge.

Umgangssprachlich gesprochen setzt dann die Zentralbank die Notenpresse in Gang und druckt das benötigte Geld, wodurch dann das Preisniveau steigt. Dieser Zusammenhang, dass der Staat über eine Ausweitung der Geldmenge und damit letztlich Inflation seine Schulden decken kann, bezeichnet man auch als Inflationssteuer.

Das Ergebnis dieses Vorgangs kann in einem sehr schnellen Geldmengenwachstum und schließlich Hyperinflation münden. Denn der Kreislauf verselbstständigt sich ab einem bestimmten Punkt. Die fiskalischen Probleme des Staates werden durch die Hyperinflation nicht gelöst, sondern verstärken sich. Ursache hierfür sind die Verzögerungen bei der Eintreibung der Steuer. Mit steigender Inflation sinkt das reale Steueraufkommen. Der Staat ist dadurch davon abhängig, dass die Notenbank immer mehr und immer schneller neues Geld druckt.  

Kosten der Hyperinflation

Man unterscheidet insgesamt zwischen 6 verschiedenen Inflationskosten.

Die Kostenart und Höhe differiert danach, ob die Wirtschaftssubjekte die Inflation korrekt antizipieren konnten oder nicht. Insbesondere bei einer korrekt bzw. vollständig antizipierten Inflation können viele der 6 Kostenarten vermieden werden oder zumindest verringert.

Inflationskosten

  • Schuhsohlen-Kosten
  • Speisekarten-Kosten
  • Unsicherheit (reduzierbar)
  • Fehlallokation (reduzierbar)
  • Steuern (reduzierbar)
  • Verteilung

Die Kosten einer Hyperinflation sind dieselben, wie die „normalen“ Inflationskosten. Allerdings werden die Kosten bei einer Hyperinflation deutlicher sichtbar.

Bei einer Hyperinflation handelt es sich um einen drastischen Anstieg des durchschnittlichen Preisniveaus. Demzufolge fallen auch die damit verbundenen gesamtwirtschaftlichen Begleiterscheinungen sehr deutlich auf. Dies trifft insbesondere auf die folgenden Inflationskosten zu:

1. Schuhsohlenkosten

Inflation führt zu einer Verringerung der Geldhaltung bei den Wirtschaftssubjekten, d.h. aus Angst vor dem Geldverlust geben sie es schneller aus. Demzufolge müssen sie häufiger zur Bank gehen und neues Geld abheben. Die hierdurch entstehenden Kosten bezeichnet man als Schuhsohlenkosten. Bei einer Hyperinflation steigen diese Kosten nun rasant an.

Und zwar auch auf der Unternehmensseite. Denn, wenn das Geld schnell an Geld verliert, müsse die Unternehmen viel Zeit in ihre Kassenhaltung investieren. Diese Zeit steht ihnen dann nicht mehr für strategische Produktions- und Investitionsentscheidungen zur Verfügung, die das Unternehmen langfristig weiterbringen. So führt die Hyperinflation über die Schuhsohlenkosten insgesamt zu Effizienzverlusten für die Wirtschaft. Denn beiden Marktseiten (Anbieter und Nachfrager) entsteht ein hoher Aufwand.

2. Menükosten bzw. Speisekartenkosten

Menükosten: Kosten, die dem Unternehmen durch Preisänderungen entstehen.

Preisänderungen können in Unternehmen Teil einer Strategie sein, z.B. in Form einer Preisdifferenzierung, um ihren Absatz bei verschiedenen Kundengruppen zu optimieren. Müssen sie aber ihre Preise „unerwartet“ infolge von Inflation mehrmals im Jahr ihre Preise anpassen, machen sich die damit verbundenen Kosten negativ bemerkbar. Z.B. Zeit- und Arbeitsaufwand für neuen Preisausweis oder damit verbundene Druckkosten.

Bei einer Hyperinflation steigen diese Menükosten dramatisch an. Die Unternehmen müssen ihre Preise so häufig anpassen, dass sie aufgrund der damit verbundenen Tätigkeiten so gut wie keine Zeit mehr für normale Geschäftstätigkeiten da war. Denn sobald sie die neue Preisliste fertiggestellt haben, gelten bereits wieder neue Preise.

Ein Extrembeispiel liefert hier die deutsche Hyperinflation in den 1920er-Jahren für das Gastgewerbe. Dort stellte sich in den Restaurants alle halbe Stunde ein Kellner auf einen Tisch, um die neuen Preise auszurufen.

3. Unsicherheits- und Allokationskosten

Unsicherheits- und Allokationskosten der Inflation sind bereits als Folgen der beiden vorher erläuterten Kosten mitbeschrieben.

Bei Hyperinflationen verringert sich eindeutig die Fähigkeit der relativen Preise wirtschaftliche Knappheit anzuzeigen. Im Prinzip werden durch die rasch wechselnden Preise die Preisfunktionen außer Kraft gesetzt. Preise und Markt verlieren damit ihre Allokationsfunktion und sind nicht mehr effizient. Hier spielt auch die Unsicherheit über die künftige Preisentwicklung eine große Rolle.

Auf der Nachfrageseite bedeutet diese Unsicherheit, dass es ihnen kaum noch möglich ist, den günstigsten Preis herauszufinden. Einfach, weil sich die Preise so schnell ändern. Sie können damit keine fundierten Kaufentscheidungen mehr treffen. Stark schwankende und schnell steigende Preise können demzufolge das Nachfrageverhalten vielfältig beeinflussen.

4. Verteilungskosten – Steuersystem

Das Steuersystem wird ebenfalls durch die Hyperinflation gestört. Allerdings gibt es hier einen Unterschied bei den Kosten zwischen normaler Inflation und Hyperinflation.

In einem Steuersystem entsteht normalerweise eine Verzögerung zwischen dem Entstehen der Steuerschuld und dem Zeitpunkt, an dem die Steuerzahlung beim Fiskus eingegangen ist (vgl. z.B. die jährliche Einkommenssteuererklärung).

Bei einer niedrigeren Inflation spielt diese zeitliche Verzögerung kaum eine Rolle. Bei einer Hyperinflation führt sie dagegen zu einer Verringerung der real erhaltenen Steuereinnahmen. Denn zu dem Zeitpunkt, an der der Staat das Geld nun erhält, hat es bereits wieder an Wert verloren.

Hyperinflation führt damit im Ergebnis dazu, dass die realen Steuereinnahmen sinken.

5. „Alltagskosten“ und Folgen

Abschließend kann man noch sogenannte Alltagskosten der Hyperinflation beziffern. Diese Kosten stellen die Folgen der Hyperinflation auf das alltägliche Leben dar.

Sie ergeben sich z.B. aus den Unbequemlichkeiten für die Wirtschaftssubjekte, die sich aus den erläuterten Schuhsohlenkosten ergeben. Einmal aus der Häufigkeit, mit der Geld abgehoben werden muss. Und zum anderen aus der Menge des abgehobenen Geldes. Da das Geld an Wert verliert, muss mehr Geld abgehoben werden. Das Geldsystem verliert damit seine Tauschfunktion. Bzw. setzt diese Funktion nicht mehr effizient um. Der Staat reagiert darauf, indem er die Geldscheine mit mehr Nullen bedruckt.

Allerdings kann er bei einer Hyperinflation nicht mit der Geschwindigkeit der Preissteigerungen mithalten. Irgendwann kommt dann der Punkt, an dem die Kosten der Hyperinflation insgesamt nicht mehr akzeptabel sind.

An diesem Punkt verliert das Geld endgültig seiner Funktion als Wertaufbewahrungsmittel, als Recheneinheit und als Tauschmittel. Naturaltausch und alternative inoffizielle Währungen beginnen, das offizielle Geld zu verdrängen (z.B. Zigaretten oder eine andere ausländische Währung).

Auflösung der Hyperinflation

Eine Hyperinflation kann nur durch eine Wirtschafts- und Währungsreform erfolgreich bekämpft werden.

Eine Währungsreform kann grundsätzlich auf zwei Arten erfolgen:

  1. Es wird eine vollkommen neue Währung eingeführt. Der Staat stattet jeden Bürger mit einem Anfangsbetrag aus.
  2. Es wird eine neue Währung eingeführt. Die Bürger können ihre ursprüngliches Geld in die neue Währung zu einem hohen Austauschverhältnis umtauschen.

Wirkungen einer Währungsreform

In Deutschland fanden bislang zwei Währungsreformen statt, 1923 und 1948. Bei beiden Reformen verloren viele Sparer ihr Vermögen. Dies liegt an zwei Effekten einer Währungsreform:

Einkommenseffekt: Dieser Effekt einer Währungsreform kann unter bestimmten Annahmen gleich null sein und damit keine negativen Auswirkungen haben. Wenn infolge des Austauschverhältnisses der alten und neuen Währung sich die Preise anpassen, d.h. sinken, entsteht kein Einkommenseffekt. Denn die Kaufkraft der Einkommen in der neuen Währung entspricht derjenigen Kaufkraft der alten Währung.

Vermögenseffekt: Geldvermögen nimmt im Zuge einer Inflation nicht zu. Es bleibt betragsmäßig konstant, verliert aber real an Wert. Im Zuge der Währungsreform wird nun dieser konstant gebliebene Betrag in die neue Währung umgetauscht. Hierdurch verringert sich der Betrag und demzufolge auch die Kaufkraft. Der durch die vergangene Inflation reale Vermögensverlust wird jetzt durch die Währungsreform aufgezeigt und festgesetzt.

Im Ergebnis führt eine Währungsreform insbesondere über den Vermögenseffekt zu einer Umverteilung: Schuldner werden begünstigt und Vermögensbesitzer benachteiligt.

Hierin zeigt sich auch der Unterschied zwischen einer Währungsreform und einer Währungsumstellung:

Bei einer Währungsumstellung wird niemand direkt bevorzugt oder benachteiligt. Die Einführung des Euro war eine Währungsumstellung. Hier lag nach den gängigen Definitionen keine Inflation vor.

Aus diesen Gründen muss eine Währungsreform mit einer Wirtschaftsreform einhergehen. Hierdurch kann die Akzeptanz erhöht und negative Folgen abgemildert werden.

Sie können u.a. folgende Maßnahmen beinhalten:

  • Glaubwürdige Reduzierung von Budgetdefiziten
  • Unabhängigkeit der Notenbank
  • Auflösung der Hyperinflation durch Währungsreform. Entweder neue Währung mit „Startkapital“ oder Umtauschverhältnis.
  • Bindung der eigenen Währung an eine andere Währung (Stabilisierung des Wechselkurses)

Auch wenn Inflation immer ein monetäres Phänomen darstellt, ist das Ende einer Hyperinflation damit auch oft ein fiskalisches Phänomen.

Zusammenfassung

  • Ursachen der Hyperinflation liegen primär in zu hohen Staatsschulden. Über eine Ausweitung der Geldmenge und damit einhergehende Inflation versucht der Staat seine Schulden zu entwerten.
  • Inflationskosten fallen bei einer Hyperinflation entsprechend hoch aus. Es kann zu einem vollkommenen Verlust der Funktionen des Geldes kommen.
  • Auflösung der Hyperinflation durch Währungsreform. Entweder neue Währung mit „Startkapital“ oder Umtauschverhältnis.
  • Währungsreform führt zu einer Umverteilung: Vermögensbesitzer verlieren, Schuldner gewinnen.

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Über die Autorin: 

Nadine Behncke

Promovierte Volkswirtin und überzeugte Europäerin. Ihre Schwerpunkte sind die Entwicklung und Herausforderungen der EU mit ihren Auswirkungen und Folgen auf Deutschland und seine Bevölkerung. Sie schreibt auf Think About zu Politik, Wirtschaft & Geschichte in Europa, um Wissen zu vermehren und zur Diskussion beizutragen.


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