Aktualisiert: 9. August 2023

Wettbewerb in der Wirtschaft: So funktioniert er (mit Vor- und Nachteilen)

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Der Wettbewerb leistet in der Marktwirtschaft die Koordinierung der Wirtschaftsteilnehmer. Er ermöglicht das freie Zusammentreffern von Anbietern und Nachfragern. Wir stellen die Funktionen, Vorteile und Nachteile des Wettbewerbs als Wirtschaftsmotor vor.

Definition Wettbewerb einfach erklärt

Wettbewerb bedeutet, dass Personen um etwas streiten, da Ressourcen begrenzt sind. Wirtschaftlicher Wettbewerb besteht in der Rivalität um Geschäftsabschlüsse. Anbieter und Nachfrager müssen ihren Geschäftspartnern günstige Geschäftsbedingungen einräumen, um auf den Märkten erfolgreich zu sein. Wettbewerb erfolgt über günstige Preise, eine hohe Produktqualität oder Vorteile im Vertrieb. Definitionsgemäß gibt es im Wettbewerb Gewinner und Verlierer. Denn bei der Zielerreichung ergibt sich bei den Wettbewerbern eine Rangfolge.

Arten des Wettbewerbs

Grundsätzlich unterscheidet man in der Wirtschaft drei verschiedene Arten des Wettbewerbs. In der Volkswirtschaft trifft man am ehesten in der Mikroökonomik und Wettbewerbs-/Markttheorie auf diese Differenzierungen. Ansonsten werden diese Wettbewerbsarten vor allem in der Betriebswirtschaft, hier im Marketing (Preispolitik) erläutert.  Unternehmen versuchen über diese drei Formen Wettbewerbsvorteile gegenüber den Mitarbeitern zu erlangen. Je nach Wettbewerbsart können Unternehmen prozessorientierte Wettbewerbsvorteile (geringere Kosten) realisieren. Kundenorientierte Vorteile oder technikorientierte Vorteile.   

1. Preiswettbewerb

Am bekanntesten ist wahrscheinlich der Preiswettbewerb. Er findet zwischen den verschiedenen Anbietern statt. Mit Hilfe einer aktiven Preisgestaltung versuchen sie Kunden zu gewinnen und so den Absatz zu steigern. Generell besteht eine negative Beziehung zwischen Preis und Absatz: Preissenkungen führen zu einer höheren Nachfrage. Ein Preisanstieg bewirkt dagegen einen Rückgang der Nachfrage. Mittelfristig sind einem Preiswettbewerb allerdings Grenzen gesetzt, da die Unternehmen zumindest ihre Kosten decken müssen.

2. Qualitätswettbewerb

Termintreue, Freundlichkeit der Mitarbeiter, Warenverfügbarkeit oder eine große Produktauswahl können Vorteile im Qualitätswettbewerb darstellen. Hierdurch ist es Unternehmen möglich, eine hohe Kundenbindung zu erzielen. Ist die Kundenbindung besonders hoch, spricht man auch von einer starken Marke. Unternehmen verfolgen deshalb auch in der Regel eine eigene Markenpolitik. Generell ist es schwierig strikt zwischen Preis- und Qualitätswettbewerb zu trennen, da es hier starke Verbindungen gibt.

3. Informationenwettbewerb

Diese Wettbewerbsform ist überwiegend in der Handelsbetriebswirtschaftslehre anzutreffen. Hier geht es darum, dass Handelsunternehmen sowohl durch genauere und schnellere Informationsbeschaffung als auch durch differenzierte und gezielte Informationsabgabe, und zwar jeweils auf ihre vier Märkte gerichtet, Konkurrenzvorteile realisieren. Denn diese Unternehmen stehen eher weniger in einem Preis- und Qualitätswettbewerb zueinander.

Funktionen des Wettbewerbs

Klassisch-politische Wettbewerbsfunktionen

  • Begrenzung staatlicher Macht gegenüber Privaten
  • Kontrolle privater Wirtschaftsmacht

Es geht erstens um die Begrenzung staatlicher Macht gegenüber Privaten. Anders als in Planwirtschaften wird der Wirtschaftsprozess nicht hauptsächlich durch den Staat gesteuert, sondern unmittelbar durch die privaten Wirtschaftsteilnehmer (marktwirtschaftliche Selbststeuerung auf Grundlage wirtschaftlicher Freiheitsrechte).

Zweitens kontrolliert der Wettbewerb die Wirtschaftsmacht der Privaten. Nur wer immer wieder aufs Neue günstige Geschäftsbedingungen bietet, kann erfolgreich sein (wettbewerbliche Selbstkontrolle). Diese beiden Wettbewerbsaufgaben sind gesellschaftspolitisch bedeutsam und werden daher klassisch-politische Funktionen genannt.

Wirtschaftliche Funktionen des Wettbewerbs

Man unterscheidet zwischen statischen und dynamischen Wettbewerbsfunktionen. Statische Wettbewerbsfunktionen werden bei konstanten wirtschaftlichen Größen erfüllt (z.B. Ressourcenallokation). Dynamische Wettbewerbsfunktionen berücksichtigen dagegen gesamtwirtschaftliche Veränderungen im Zeitablauf.

1. Statische Wettbewerbsfunktionen

  • Zusammensetzung des Güterangebots nach Konsumentenbedürfnissen
  • Optimale Verwendung der Produktionsfaktoren
  • Einkommensverteilung gemäß der Marktleistung
Steuerungsfunktion

Der Wettbewerb erfordert es,  dass die Unternehmen die erzeugten Güter an die Bedürfnisse der Nachfrager bestmöglich anpassen (Orientierung an Kundenwünschen).

Ressourcen- bzw. Allokationsfunktion

Im Wettbewerb werden die knappen Produktionsfaktoren Arbeit, Boden und Kapital so verwendet, dass ihre Produktivität am höchsten ist (Verringerung der Faktorkosten).

Verteilung

Die Einkommensverteilung richtet sich nach der Leistung im Marktprozess – d. h. nach dem Beitrag zur Überwindung der Güterknappheit  (Einkommen gemäß Marktleistung).

2. Dynamische Wettbewerbsfunktionen

  • Innovationen bei Produkten und Produktionsverfahren
  • Imitationen und generell hohe Anpassungsfähigkeit
Innovationsfunktion

Der Wettbewerb gibt Anreize, um neue oder verbesserte Produkte und Produktionsverfahren einzuführen (Stimulierung von Innovationen).

Anpassungsfunktion

Der Wettbewerb fördert die Schnelligkeit, mit der die Konkurrenten auf Veränderungen des wirtschaftlichen Umfelds (z. B. Wirtschaftskrisen) reagieren und so zur Verbreitung der Neuerung auf die gesamte Wirtschaft beitragen (Imitation der Innovation und generell hohe Anpassungsfähigkeit der Wirtschaft).

Gesellschaftspolitische Funktionen des Wettbewerbs

Handlungsfreiheit

Der Wettbewerb ermöglicht freies Handeln der Marktteilnehmer. Die Teilnehmer können z.B. ein Gewerbe eröffnen. Es liegen keine Einschränkungen hinsichtlich der möglichen Wirtschaftshandlungen vor.

Wahlfreiheit

Durch das Vorhandensein mehrerer Anbieter können die Nachfrager zwischen verschiedenen Alternativen auswählen. Die freie Wahl betrifft alle Teilbereiche des Wirtschaftslebens, auch die Wahl des Arbeitsplatzes.

Kontrollfunktion

Der Wettbewerb beugt zu starken Machtanhäufungen in Politik und Gesellschaft vor.

Voraussetzungen für Wettbewerb

Damit ein Wettbewerb in einer Marktwirtschaft überhaupt entstehen kann, müssen einige Voraussetzungen erfüllt werden. So müssen Unternehmen, die am Leistungskampf teilnehmen wollen, z. B. über ausreichende finanzielle und personelle Mittel verfügen. Darüber hinaus spielt die Markttransparenz und die Entscheidungsfreiheit eine tragende Rolle. Ziel eines jeden Wettbewerbs dürfte in der Regel eine marktbeherrschende Stellung sein. Es obliegt dann der Wettbewerbspolitik und dem Kartellamt zu beobachten, dass der freie Wettbewerb gewährleistet bleibt.

Grundlegende Voraussetzungen für einen funktionierenden Wettbewerb

  • Private Eigentumsrechte
  • Gewerbefreiheit
  • Niederlassungsfreiheit
  • Vertragsfreiheit
  • eine funktionsfähige Justiz
  • ein funktionsfähiges Preissystem
  • ein funktionierendes Währungssystem
  • Markttransparenz
  • Marktoffenheit

Vorteile von Wettbewerb

Effiziente Ressourcennutzung und niedrige Preise

Über den freien Wettbewerb bilden sich in der Marktwirtschaft die Preise. Hierdurch erfolgt eine gesamtwirtschaftlich optimale Verwendung (Allokation) der Ressourcen.

Die Verbraucher erhalten so qualitativ höherwertige Produkte zu niedrigeren Preisen. In der Volkswirtschaftslehre spricht man in diesem Fall davon, dass sich die Konsumentenrente für den Verbraucher erhöht hat und die Volkswirtschaft einen Wohlfahrtsgewinn erzielt hat.

Auf der Anbieterseite führt der Wettbewerb dazu, dass die Unternehmen effizient wirtschaften müssen, um bestehen zu können. Für ein Unternehmen besteht die beste Möglichkeit darin, seine Preise niedrig zu halten, wenn es seine Ressourcen so effizient wie möglich einsetzt. Stammt ein volkswirtschaftlicher Wohlfahrtsgewinn von der Anbieterseite, spricht man von einer Erhöhung der Produzentenrente.

Anreize für technologische Verbesserungen

Der Wettbewerb erhöht in Unternehmen ihre Anpassungsfähigkeit an außergewöhnliche Ereignisse (z.B. in Wirtschaftskrisen) und auch ihre Innovationsfähigkeit. Um im Wettbewerb bestehen zu können (der Umsatz muss höher als die Kosten sein), haben Unternehmen deshalb einen Anreiz neue Produkte zu entwickeln (Produktinnovation) und oder Prozesse (Prozessinnovation).

Nachteile und Folgen von Wettbewerb

Auch wenn Wettbewerb unbestreitbare Vorteile hat, sowohl gesamtwirtschaftlich als auch insbesondere für die Nachfrager, weist er auch Nachteile auf. Denn quasi per definitionem muss es neben Gewinnern auch Verlierer in einem Wettbewerb geben. Verlierer in dem Sinne, dass sie ein weniger gutes Ergebnis erzielen als die Gewinner. Im schlechteren Fall sind Verlierer diejenigen Anbieter, die am ständigen Leistungskampf und Preisdruck zerbrechen. Und Gewinner diejenigen, die sich durchsetzen können und dementsprechend erfolgreich sind. Also ein Verdrängungswettbewerb stattfindet.

Das Ausscheiden von Unternehmen aus dem Marktgeschehen muss aber per se nicht schlecht sein, wenn hierdurch das gesamtwirtschaftliche Niveau steigt (Preise sinken, effizientere Produktion).

Allerdings kann Wettbewerb auch unwirtschaftlich sein. Nämlich dann, wenn die Anbieter und Nachfrager nicht in der Lage sind, einen negativen Kreislauf aus eigener Kraft aufzuhalten. In diesem Fall spricht man dann vom Marktversagen. Es tritt z. B. durch Informationsasymmetrien oder externe Effekte und Monopole auf.

Um herauszufinden, wie viel Wettbewerb in einer Volkswirtschaft zu optimalen Ergebnissen führt, nutzt die Volkswirtschaftslehre Methoden der Optimierungsrechnung oder der Spieltheorie. Hier werden anhand verschiedener Marktformen (z. B. Monopol, Oligopol) die Kosten und Nutzen des Wettbewerbs gegenübergestellt. Bei der Bewertung dieser mikroökonomischen Modelle spielt auch die wirtschaftspolitische Position eine bedeutende Rolle (Klassik/Monetarismus vs. Keynesianismus bzw. die Frage "Markt vs. Staat").

Zusammenfassung

  • Wettbewerb sorgt wirtschaftlich für eine leistungsgerechte Einkommensverteilung, Konsumentensouveränität, eine optimale Faktorallokation, Anpassungsflexibilität, technischen Fortschritt und Innovation, transparente Preise und eine Risikoverteilung. Man unterscheidet zwischen statischen und dynamischen Wirtschaftsfunktionen.
  • Gesellschaftlich begrenzt und kontrolliert der Wettbewerb, wirtschaftliche Macht und sichert individuelle Handlungsfreiheiten
  • Wettbewerb lässt sich nach Preisen, Produkten und Konditionen differenzieren. Diese Differenzierungen begegnen einem vornehmlich in der Betriebswirtschaft.
  • Voraussetzung für einen funktionierenden Wettbewerb sind freier Marktzutritt und eine „Wettbewerbergesinnung“.
  • Wettbewerb hat nicht nur Vorteile, sondern auch Nachteile, da es auch Verlierer gibt.

Artikel zum Download

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Über die Autorin: 

Nadine Behncke

Promovierte Volkswirtin und überzeugte Europäerin. Ihre Schwerpunkte sind die Entwicklung und Herausforderungen der EU mit ihren Auswirkungen und Folgen auf Deutschland und seine Bevölkerung. Sie schreibt auf Think About zu Politik, Wirtschaft & Geschichte in Europa, um Wissen zu vermehren und zur Diskussion beizutragen.


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