Inflationsfolgen können für die verschiedenen volkswirtschaftlichen Gruppen unterschiedlich aussehen. Bei einer Inflation identifiziert man „Gewinner und Verlierer“. In diesem Artikel geben wir euch einen Überblick über die auftretenden Inflationsfolgen. Und erklären, welche Gruppen warum von der Inflation profitieren oder verlieren.
Hintergrund
Inflation beschreibt wertfrei einen allgemeinen Preisanstieg. Preisniveaustabilität ist dagegen in Deutschland ein wirtschaftspolitisches Ziel.
Umgangssprachlich und in den Medien versteht man unter Inflation, dass die Preisniveaustabilität verletzt ist. Die negative Wertung des Begriffes erschließt sich, wenn man die Begriffe Inflationsrate und Preisniveaustabilität mit in die Betrachtung einbezieht.
Selbst wenn man die prozentuale Änderung des Preisniveaus im Jahresablauf betrachtet, liegt bei einem positiven Wert noch nicht unbedingt keine Problematik vor. Beträgt die Inflationsrate immer einen relativ gleichmäßigen Wert, liegt Preisniveaustabilität vor. Erst wenn die Inflationsrate stark schwankt, in der Regel ansteigt, ist die Preisniveaustabilität verletzt. In diesem Fall spricht man dann umgangssprachlich von Inflation.
Inflation: Ein über einen längeren Zeitraum zu beobachtender Anstieg des gesamtwirtschaftlichen Preisniveaus bzw. der Lebenshaltungskosten.
Inflationsrate: Prozentuale Änderung des Preisniveaus
Preisniveaustabilität: Sie beschreibt die Stabilität des durchschnittlichen Preisniveaus. Sie bedeutet nicht, dass die Inflationsrate gleich Null ist, sondern dass sie im Zeitablauf stabil ist.
Beschäftigt man sich mit dem Thema „Inflationsfolgen“ kommen einem als erstes Inflationskosten in den Sinn. Die gängige Literatur, Lehrbücher oder Internetseiten, behandelt sehr ausführlich die Nachteile der Inflation, aufgrund der hierdurch in einer Volkswirtschaft entstehenden Kosten. Gerade im Hinblick auf die deutschen Erfahrungen mit den Folgen einer Hyperinflation ist dieser Schwerpunkt auch gerechtfertigt.
Allerdings kommt hier oftmals etwas der Umverteilungseffekt etwas zu kurz. Bzw. werden auch die durch Inflation entstehenden Umverteilungswirkungen in der Regel negativ gewertet. Dennoch ist der Begriff „Folgen“ ein neutral besetzter Begriff. Inflationsfolgen können damit auch positiv sein. Je nach Form der Inflation und zu welcher „Gruppe“ man gehört, kann ein Inflationsgewinner oder ein Inflationsverlierer sein.
Inflationsfolgen
Bei der Diskussion um die Inflationsfolgen sprechen wir einen Teil der Inflationskosten an. Hierbei handelt es sich um die sozialen und Verteilungskosten der Inflation. Die Auswirkungen der Inflation sind vielfältig. Man kann aufgrund der Zusammenhänge der ökonomischen Größen vier Inflationsfolgen identifizieren, wodurch es Inflationsgewinner oder Verlierer gibt.
- Lohnlücke: auch als wage lag bezeichnet. Dies bedeutet, dass Lohnsteigerungen in der Regel nur zeitverzögert einem Preisanstieg folgen. D.h. die Arbeitnehmer verlieren von Inflation, da zumindest zeitweise ihre Löhne an Kaufkraft verlieren.
- Zinslücke: Wie bei den Löhnen passen sich auch die Zinsen erst zeitverzögert an die gestiegenen Preise an. Hieraus folgt, dass Gläubiger verlieren und Schuldner gewinnen. D.h. es kommt immer darauf an, wer Kredite aufnimmt oder vergibt.
- Rentenlücke: Die Renten passen sich ebenfalls nur zeitverzögert an das gestiegene Preisniveau an. Damit sinkt die Kaufkraft dieser Gruppe und sie zählt zu den Inflationsverlierern. Im Prinzip kann man diese „Lücke“ auch allgemeiner formulieren: Jede Gruppe, die Transfereinkommen vom Staat etc. bezieht, verliert infolge der verzögerten Anpassung durch Inflation.
- Flucht in Sachwerte: Inflation bedeutet, dass das Geld an Kaufkraft verliert. D.h. es verliert an Wert. Damit ist es folglich nicht mehr als Anlageform attraktiv. Anstatt das Geld zu sparen und an den Kapitalmärkten anzulegen, versuchen die Wirtschaftssubjekte ihr Geldvermögen in Sachvermögen umzuwandeln. Z.B. erwerben sie nun vermehrt Immobilien oder andere als wertstabil angesehene Gegenstände.
Inflationsfolgen für ökonomische Größen
Die im vorherigen Abschnitt aufgeführten vier Inflationsfolgen bzw. Hypothesen fassen zusammen, wie Inflation auf bestimmte wichtige ökonomische Größen wirkt. Hierunter fällt das Einkommen, das Vermögen, die Schulden und die Beschäftigung über die Löhne.
Nachfolgend wird hierauf noch einmal näher eingegangen. Ausgangspunkt der Überlegungen ist immer, wie sich Inflation bzw. der Verlust an Kaufkraft auf die ökonomische Variable auswirkt.
Einkommen
Erwerbstätige beziehen aus ihrer Beschäftigung ein Einkommen. Infolge von Inflation verliert es an Kaufkraft. Die Geldentwertung muss also durch eine Einkommenserhöhung ausgeglichen werden. Dieser Prozess kann sich in der Umsetzung aufgrund mehrerer Faktoren schwierig gestalten. Zum einen geschieht die Lohnerhöhung nur zeitverzögert. Zum anderen sind für die Einkommenssteigerungen oftmals Lohnverhandlungen notwendig. Hier sind die Gewerkschaften und Arbeitgeber oft Verhandlungspartner. In der Regel ist es den Gewerkschaften möglich, in diesen Verhandlungen einen Inflationsausgleich durchzusetzen.
Allerdings kann hierdurch leicht die sogenannte „Lohn-Preis-Spirale“ ausgelöst werden. Sie bedeutet, dass ein höherer Lohn wieder zu einem Preisanstieg führt. Denn für Unternehmen bedeuten die höheren Löhne höhere Kosten. Diese versuchen die gestiegenen Kosten über höhere Preise auszugleichen. Was in der Folge dann wieder zu Lohnforderungen führt. Und schon ist die Spirale im Gang. Oftmals ist in der Realität aber nicht konkret abzugrenzen, wer eine solche Spirale in Gang gesetzt hat.
Vermögen
Die Auswirkungen von Inflation auf das Vermögen beruhen auf dem Preis-Zins-Zusammenhang. In der ökonomischen Theorie erklären der Fisher-Effekt bzw. die Fisher-Gleichung diesen Zusammenhang.
Allgemein gesprochen wächst das Geldvermögen durch Zinsen. Ist die Inflationsrate nun größer als die Zinsrate, nimmt das Geldvermögen real ab. Ähnlich wie bei der Diskussion um (reale) Löhne (w/p) und das Einkommen ist hier jetzt der reale Zinssatz (r=i/p) relevant.
Inflation schwächt somit die Wertaufbewahrungsfunktion des Geldes. Das Geld verliert an Wert. Sparer verlieren somit einen Teil ihres Vermögens durch die Entwertung. Problematisch ist hier vor allem, dass Spareinlagen mit gewöhnlich niedrigen Zinssätzen die typische Anlageform des größten Teils der Bevölkerung sind. Selbst unter Berücksichtigung steuerlicher Vorteile dürfte „der kleine Sparer“ damit einer Hauptleidtragenden der Inflation sein.
Weiter ist zu beachten, dass die Zinsen unterschiedlich ausfallen und reagieren (z.B. Sparzins, Wertpapierzins, etc.). Insbesondere der Sparzins reagiert langsamer als andere Zinssätze.
Sachvermögen ist dagegen von Inflation kaum betroffen. Im Gegensatz zu Kapitalvermögen wächst diese Art durch Wertsteigerungen, die in der Regel über der Inflation liegen. Hierdurch erklärt sich auch die „Flucht in Sachwerte“ als Inflationsfolgen.
Hier findet ihr mehr Informationen: Artikel zur Fisher-Gleichung
Schulden
Hierunter fällt sozusagen „die andere Seite“ des Zins-Preis-Zusammenhangs auf den Kapitalmärkten. Beim Vermögen haben wir eben betrachtet, was passiert, wenn wir Zinsen erhalten. Nun wird der Fall betrachtet, wenn Zinsen gezahlt werden müssen.
Schulden unterliegen dem Nominalwertprinzip. Das bedeutet, dass der zurückzuzahlende Geldbetrag immer derselbe bleibt. Egal, wie hoch die Inflation ist. D.h. auch bei hoher Inflation ändert sich der Betrag nicht. Damit gewinnen Schuldner durch Inflation, während Gläubiger verlieren. Denn bei den Gläubigern unterliegt der Anlagebetrag keinem Nominalwertprinzip. Kreditverträge der Schuldner beinhalten deshalb häufig einen Inflationsausgleich. D.h. die zu zahlenden Zinsen preisen die Inflationserwartungen bereits mit ein.
Beschäftigung
Der Zusammenhang zwischen Inflation und Beschäftigung ist eines, der meist diskutierten und erforschten Felder in der empirischen Arbeitsmarktökonomik. Dies liegt in den historischen Inflationserfahrungen begründet und der sozialökonomischen Bedeutung der Beschäftigten. Nicht umsonst ist eine hohe Beschäftigung in Deutschland eines der wirtschaftspolitischen Ziele im magischen Viereck.
Der empirische Zusammenhang zwischen Inflation und Beschäftigung wird für gewöhnlich durch die Philips-Kurve dargestellt. Sie beschreibt einen negativen Zusammenhang zwischen der Höhe der Arbeitslosigkeit und der Inflationsrate. Je höher die Inflationsrate, desto geringer die Arbeitslosigkeit. Dieser Zusammenhang ist praktisch eine Folge der bereits beschriebenen Verzögerung von Lohnanpassungen an die Inflation.
Ob der Zusammenhang hält, hängt damit auch stark von den Inflationserwartungen der Verhandlungspartner ab. Ist die Inflation unerwartet, treten die beschriebenen verzögerten Anpassungen ein. Erwartet man allerdings die Preissteigerungen und berücksichtigt sie bei den Lohnverhandlungen, treten keine positiven Arbeitsmarkteffekte auf. Beschrieben wird dieser Zusammenhang in der sogenannten „modifizierten Philips-Kurve“.
Neben den Inflationserwartungen spielt auch die Auslastung der Wirtschaft eine Rolle, ob der positive Zusammenhang auftritt. Je höher die Auslastung, desto mehr führt eine Erhöhung der Geldmenge zu Inflation, da der Grenzertrag gering ausfällt. Ist die Auslastung dagegen gering, kann ein positiver Beschäftigungseffekt eher auftreten oder höher ausfallen.
Gewinner der Inflation
Inflationsgewinner sind in der Regel die Besitzer großer Vermögen und Schuldner. Also Gruppen, die ihr Kapitalvermögen so anlegen können, dass sie relativ geringe negative Inflationsfolgen erleiden. Oder ihr Vermögen in Sachwerte anlegen. Da Inflation zu einer Geldentwertung führt und reale Anpassungen nur zeitverzögert erfolgen, gewinnen zudem die Gruppen, die viele Schulden haben.
- Staat
- Banken
- Schuldner
- Unternehmen
Verlierer der Inflation
Benachteiligt sind die Gläubiger und die Bezieher fester Einkommen, da ihre Einkommen entweder überhaupt nicht oder erst mit erheblicher Verspätung an die Inflationsrate angepasst werden.
Konsumenten
Auch wenn sie in den diskutierten ökonomischen Inflationsfolgen nicht genannt wurden, sollte man die Konsumenten nicht vergessen. Aufgrund der Preissteigerungen zählen sie zu den Verlierern der Inflation. Die Höhe des Verlustes hängt dabei vom persönlichen Warenkorb ab, sowie von der Höhe des Einkommens. Denn wenn die Inflation hauptsächlich Grundkonsumgüter (z.B. Nahrungsmittel etc.) betrifft, die sie nicht durch andere günstigere Güter substituieren können, verlieren sie stark.
Unternehmen
Unternehmen gehören je nach betrachteten Inflationsfolgen sowohl zu den Gewinnern als auch zu den Verlierern. Eine wichtige Preisfunktion ist die Aussage darüber, ob auf einem Markt Knappheit vorliegt. Ein Preisanstieg deutet demnach Knappheit an und die Unternehmen weiten ihre Produktion aus. D.h. sie investieren. Diesen Investitionen steht am Ende aber keine Nachfrage gegenüber.
Letztlich verunsichert die Inflation die Wirtschaft, durch den Verlust der Preisfunktionen. Sie unterlässt mittelfristig damit weitere Investitionen. Eine wirtschaftliche Situation, in der die Preise steigen und die Wirtschaftsleistung konstant bleibt, bezeichnet man als Stagflation. In Deutschland konnte man dies zeitweise in den 1970er Jahren beobachten.
Arbeitnehmer
Aufgrund der beschriebenen Zusammenhänge sind Arbeitnehmer zu den Verlierern zu zählen. Allerdings muss man noch einmal einschränkend darauf hinweisen, dass dies von der Verhandlungsmacht der Gewerkschaften und der Lage am Arbeitsmarkt abhängt. Liegt eine positive Konjunktur vor und die Gewerkschaften können sich durchsetzen, nehmen die Lohnabschlüsse bereits die antizipierte Inflation vorweg. In dem Fall würden die Arbeitnehmer dann in dem spezifischen Fall keine realen Lohneinbußen haben.
Sparer
Sparer, vor allem Kleinsparer, sind definitiv Verlierer der Inflation. Dies hatten wir weiter oben ausgeführt. Allerdings darf man zudem nicht den Blick in die Auswirkungen auf die Zukunft vergessen. Man spart nicht nur auf seinem Sparbuch etc., sondern oftmals investiert man auch in die (private) Altersvorsorge. Die Finanzinstitute, die diese Ersparnisse verwalten, haben das „geborgte“ Vermögen überwiegend in Staatspapieren etc. investiert.
Eine hohe Inflation gefährdet damit sehr stark die private Altersvorsorge. Von besonderer Relevanz ist dies für Freiberufler, wie Ärzte, und ihre berufsständischen Versorgungswerke.
Rentner und Transferempfänger
Noch einmal kurz aufgeführt: Inflation ist nachteilig für Rentner und generell alle Transferempfänger. Denn die Leistungen werden erst verzögert an die Geldentwertung angepasst.
Notenbanken
Die Banken gehören zu den Inflationsverlierern. Allerdings aus keinem der bereits beschriebenen Punkte. Der Hauptgrund für die Nennung ist, dass Inflation den Ruf einer Notenbank ruiniert. Denn in der Regel verfolgen alle Notenbank das Ziel der Preisniveaustabilität. Wenn sie zudem viele Staatsanleihen gekauft haben, sind sie auch ein großer Gläubiger und insofern ebenfalls von der Inflation betroffen.
Mittelschicht
Zusammenfassend kann man abschließend sagen, dass die Mittelschicht der größte Verlierer ist. Sie leidet am meisten unter den vielfältigen Inflationsfolgen. Denn sie ist nicht auf die Preissteigerungen vorbereitet. Die Inflation schwächt die Kaufkraft und reduziert das in der Regel niedrig verzinste Ersparte.